Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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schrumpfen so zu sagen mit der Verkleinerung des Bildes ein; denn 
obwohl der kleine gemalte See und Berg an den grossen erinnert 
und ohne diese Erinnerung seinen Eindruck ganz einbüssen würde, 
so widerspricht doch das directe Anschauungsgefühl der Voraus- 
setzung der Grösse. Denn das Bild des fernen Sees undBerges im 
-Auge mag zwar nicht grösser sein, als das der gemalten Land- 
schaft in unmittelbarer Nahe vor uns , aber wir müssen das Auge 
dort auf das Weitsehen, hier auf das Nahesehen einrichten; und 
damit associirt sich der Eindruck, dass jene grösser als diese; da- 
her das treueste Landschaftsgemälde die Begierde, die wirkliche 
Landschaft zu sehen, in gewisser Hinsicht fast mehr steigert, als 
durch künstlichen Ersatz befriedigt, wie das Entsprechende bei 
kleinen Modellen grosser Bauwerke der Fall ist. Was nicht aus- 
schliesst, dass eine gemalte Landschaft es einer wirklichen nach 
anderen Beziehungen zuvor thue. Der Künstler kann nämlich die 
Associationen günstiger componiren, als es die Natur selbst zu 
thun pflegt, indem er die Anknüpfungspuncte der Associationen 
demgemäss componirt; doch das verfolgen wir hier nicht weiter. 
Da wir nicht auf alle Elemente der Landschaft im Besondern 
eingehen können, suchen wir uns einmal Rechenschaft von dem 
Eindrucke eines Hauptelements zu geben, das man ohne Rücksicht 
auf das Associationsprincip gar nicht für ein landschaftliches Ele- 
ment halten sollte, indess sich nach demselben seine wichtige land- 
schaftliche Bedeutung leicht erklärt. 
Es wird wohl jedem schon aufgefallen sein, welchen Reiz 
eine sonst unbedeutend scheinende Landschaft durch menschliche 
Bauwerke gewinnen kann. Viele Aussichten von kleinen Bergen 
verdanken ihren Reiz wesentlich nur dem Hinblicke über eine Ort- 
schaft. im Vorgrunde einer sonst ziemlich leeren Gegend; andern 
Aussichten giebt ein Schloss oder eine Ruine auf einer Höhe die 
reizvolle Pointe; andere werden d  'er und da zerstreute 
Landhäuser oder Bauernhäuser anm ancher grüne Thal- 
grund schuldet, sein landschaftlichesl   os der darin nisten- 
den Mühle mit dem morschen Stege, o   azu über das Wasser 
führt. Das Menschenwerk aus solchen Oertliohkeiten wegdenken, 
heisst oft, von der reizenden Landschaft nur gleichgültiges Land 
übrig lassen. 
Nun erscheinen die Bauwerke an sich der Natur so fremd 
nach Ursprung, Farbe, Form und Fügung, dass man eher glauben
	        
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