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so, wie sie sich im zweiten Wege auf Grund des im vorigen Ab-
schnitt besprochenen Principes ergiebt. Jenes die fernliegendsle, an
die höchsten idealsten Gesichtspuncte anknüpfende Erklärung,
dieses die nächstliegende, an die untersten Gesichtspuncte an-
knüpfende Erklärung.
vDaS Wesen der Natur sagt Carriere (I. 24.3) entspricht
an sich der Schönheit; denn sie ist Erscheinung für den Geist,
welchem sie in sinnfälligen Formen idealen Gehalt darstellt und
geistige Gesetze veranschaulicht, und gerade das erfreut uns so
innig, wenn in dem Aeusserlichen und Materiellen ein verwandtes
Seeleuvolles dem Gemüth entgegenkommt. Doch ist überall zu-
nächst das eigene Leben des Lebens Zweck, jedes Wesen ist um
seiner selbst willen da und nicht deswegen geschaffen, dass seine
Gestalt uns ergötze; es ist eine Gunst des Schicksals, wenn in der
Totalität des Universums das Wechselverhältniss der Dinge, die
Art und Weise, wie sie für einander sind, uns für unseren Stand-
punct gerade so sich darstellt, dass wir auf der sich uns bietenden
Oberfläche doch das innere Wesen wahrnehmen und erkennen,
wie die Formen der Dinge nicht blos den Zwecken des Alls ent-
sprechen, sondern auch den Bedingungen und Forderungen unse-
rer Persönlichkeit gemäss sind. Ja wir mögen ganz besonders die
Güte und ilerrlichkeit des Urgrundes der Welt darin preisen, wenn
Stoffe, die für das Leben des Organismus, namentlich der Pflan-
zen, gleichgültig erscheinen oder von ihm ausgeschieden werden,
als ätherische Oele oder Pigmente durch Wohlgeruch oder Farben-
glanz uns erquickena u. s. w.
Und um auch zu zeigen, wie die Betrachtung des Einzelnen
in diese allgemeine Betrachtung hineintritt, so wird (S. 258) von
der Pflanze als Element der Landschaft gesagt:
nDie Potenzen der unorganischen Natur finden in der Pflanze
einen Mittelpunct des Zusammentreffe ein hier eine indivj-
duelle Idee als leibgestaltende Leben ritt und in der stets
erneuten Bildung eines Organismus s igt, der durch die
Wurzeln mit der Erde zusammenhängt, i. r in Luft und Licht
emporstrebt und mit Zweigen und Blättern nach der Seite sich
ausbreitet. Die Pflanze veranschaulicht den Begriff des organischen
Gestaltens, welchen wir früher für die Schönheit forderten, die
Mannichfaltigkeit der Blätter und Zweige geht aus der Einheit her-
vor und wird sichtbar von ihr getragen, und die Wechselwirkung