Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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Freude, blühendes Leben; die rothe Nase erinnert an Trunk und 
Kupferkrankheit, die rothe Hand an Waschen, Scheuern, Man- 
schen; das sind Dinge, die wir nicht haben noch treiben möch- 
tenr Wir möchten auch nicht daran erinnert sein. 
Wäre umgekehrt von jeher die rothe Nase und blasse Wange 
als Zeichen der Gesundheit und Mässigkeit, die blasse Nase und 
rothe Wange als Zeichen des Gegentheils erschienen, so würde 
auch die Richtung unseres Gefallens daran sich umkehren. Die 
Nordamerikanerinnen und Polinnen ziehen wirklich eine blasse 
Wange einer rothen vor, und suchen sich nöthigenfalls die blasse 
sogar auf Kosten ihrer Gesundheit durch Essigtrinken oder andere 
Mittel zu verschaffen. Meint man nun wohl, weil ihnen Blässe an 
sich besser gefällt als Böthe? Gewiss nicht, sondern weil sie sich 
gewöhnt haben, in der blassen Wange das Zeichen einer feinen 
Konstitution, höhern Bildung und Lebensstellung, in der rothen 
das einer blos bäuerlichen Gesundheit zu sehen, und ersteres letz- 
terem vorziehen. Aus gleichem Grunde erscheinen den Chinesen 
verkrüpelte Füsse an ihren Damen wohlgefällig, die schönsten 
natürlichen bäuerlich plump, und geben sie ihren Götzen dicke 
Bäuche, weil sie gewohnt sind, die vornehmsten Würdenträger 
ihres Reiches mit dicken Bäuchen zu sehen, und die Vorstellung 
einer gewissen Erhabenheit über irdische Noth und Arbeit, 
welche es freilich zu dicken Bäuchen nicht kommen lässt, daran 
knüpfen. 
Ich hörte einmal eine Dame sagen, man könne die Schönheit 
eines menschlichen Fusses doch eigentlich nur recht beurtheilen, 
wenn er beschuht sei. Gehörte nicht zu den Tugenden dieser 
Dame eine besondere Aufrichtigkeit, würde sie sich wahrschein- 
lich gescheut haben diesen Ausspruch zu thun, so curios mag er 
den Meisten scheinen. Doch hat er etwas sehr Wahres. Wir lernen 
die Bedeutung des menschlichen Fusses fast nur kennen, während 
ihn der Schuh verbirgt, und sind nur über die Bedeutung des 
beschuhten Fusses recht orientirt. Nackt sehen wir ja fast nur 
den eigenen Fuss, der nicht immer der schönste ist, und den Fuss 
von Statuen, nach dem wir bei einer Statue am letzten zu sehen 
pflegen; also sind uns die Beziehungen des Fusses, die unser 
Gefallen daran mitbestimmen, beim nackten Fusse nicht eben so 
geläufig wie beim beschuhten; und, während zur Beurtheilung der 
Schönheit des erstern eine gewisse Kunsterfahrung gehört, bedarf
	        
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