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der soeben beschriebenen Weise mit Petroleum zu behandeln,
damit sich der Firniss gleichmässig und dünn im Auftrag überall
hin verbreiten lasse. Dick und ungleich aufgetragener Firniss
thut keine gute Wirkung. Zuletzt lasse man den Firniss bei
horizontziler Lage des Bildes, vor Staub behütet, soweit trocknen,
bis er nicht mehr Hiessen kann.
NVenn nun aber ein Maler auch Alles that, was er sollte,
und mit dem besten Oelfarbenmaterial auf's Sorgfältigste verfuhr,
wenn in Folge dessen seinen Werken auch auf viele Jahre hin
ein frisches unverletztes Aussehen erhalten blieb, so muss es
doch leider gesagt werden, dass auch die Oelmalerei im Lauf
der Jahrhunderte dem Schicksal aller Malerei nicht entgehen
kann. Wie wir die alten Fresko- und Temperabilder, ja, die für
unverwüstlich gehaltene Majolikaglasur von der Zeit mit Ritzen
und Sprüngen durchfurcht sehen, so zeigen sich auch die herr-
lichsten und sorgfältigst gemalten Bilder der alten Meister der
Oelfarbentechnik von Rissen nicht frei. Doch treten hier be-
"eichtenswerthe Unterschiede zu Tage. Nur ganz feine, das
Aussehen, wie die Dauerhaftigkeit wenig beeinträchtigende Haar-
risse nimmt man an den Bildern wahr, die in subtilster, sauberster
Malweise mit dünnem, durchscheinendem F arbenauftrag geführt
sind. Zu diesen gehören gerade die Werke der älteren {land-
rischen, italienischen und deutschen, aber auch diejenigen der
späteren niederländischen Schulen und andrer guter Meister
noch neuerer Zeit. Schon weit bedenklichere, breitere, in langen
Linien und oft sonderbaren Gitterungen und Spiralen verlaufende
Brüche, dazu auch Blasenbildungen und Abblätterungen kommen
dagegen in den Werken vor, die, an die „neue Manier" der
Venetianer Tizian und Paul Veronese sich anschliessend, mit
dickem, trübem Impasto geführt sind; und am schlimmsten zeigen
sich solche Systeme von Rissen an denjenigen dieser Werke,
die, wie viele des Caravaggio und seiner Nachahmer, oder der
CäffäCCCSken aber auch wie manche des Tintoretto, Tizian
und Veronese selber schon fast nur gleichmässig dick im-
pastirte Deckfarbenmalereien sind und in dieser Beziehung der
langweilig butterigen Technik der Perrückenzeit zuweilen be-
denklich nahe kommen. Doch auch diese Zerstörung lässt