S 4. Retouelzirßrvzisse. Spiritusjirnisse. Sogemznnter franzö-
siselzer Firniss und dessen deutselze Nacizalzvzzrngen.
Bei diesen Firnissen ist das Harz gewöhnlich Sandarac
oder auch Kirschlorbeerharz bloss in Weingeist gelöst und
dann dieser Lösung des Parfüm halber, d. h., um den Spiritus-
geruch zu verbergen, noch irgend eine wohlriechende Essenz
(z. B. Lavendelessenz) zugesetzt. Ein Aufstrich derartigen Fir-
nisses trocknet also an der Luft fast augenblicklich, da der
Weingeist und die Essenz alsbald verfliegen. Viele Maler pflegen
desshalb eingeschlagene Stellen ihrer halbfertigen Bilder mit
solchen Spiritusfirnissen zu überziehen und dann, da weder der
Weingeist, noch das alsbald getrocknete Harz in die nur ober-
flächlich trocknen Farben einziehen kann, auf der glänzenden
HarzHäche sofort weiter zu malen. Auch die neu aufgetragenen
Farben können ihrerseits in die erhärtete Harzschicht nicht
eindringen oder "einschlagen", sondern trocknen glänzend auf
und es scheint dies also ein grosser Vortheil zu sein.
Allein die Harzhaut liegt nun als eine vollkommen fremde,
unverbundene, spröde und unbewegliche Schicht zwischen der
unteren und oberen Farbenlage. Da beide F arbenlagen beim
Eintrocknen ihr Volumen verringern und zwar in ungleich-
mässiger Weise, indem die untere Lage von der Luft abge-
schlossen, die obere aber dieser ausgesetzt ist, und da sich zudem
auch die aller Elasticität entbehrende Firnisshaut an und für
sich keiner dieser Volumenveränderungen accommodiren könnte,
so entsteht nicht nur ein wahres Labyrinth von Rissen, sondern
der Firniss schält sich sammt dem auf ihn Gemalten endlich, in
Fetzen herunterhängend, von der unteren F arbenlage ab.
Fmzbaelzlv Retauelzirjfrniss. Einen sehr abenteuerlich aus
Sandarac, Mastix, Copaivaebalsam, unechtem venetianischem
Terpentin, Terpentinöl und Weingeist zusammengebrauten Re-
touchirfirniss empfiehlt F ernbach in seinem „Lehr- und Handbuch
der Oölmälerei", Seite 76, 77. Der Erfinder selbst bemerkt,
wenn man die Malerei vor dem Auftrag dieser Mixtur nicht sehr
gut von Feuchtigkeit befreie, so entstünden in dem Firniss leicht
weisse Flecken. Solche entstehen jedoch in dem besagten
merkwürdigen Gebräu, auch wenn man diese Vorsicht anwendet,