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der Dunkelheit des Grundes hervorheben, musste die Beibehal-
tung weisser Malgründe unnöthig erscheinen; musste doch, wo
man sich derselben noch bediente, die Braununtertuschung meist
so dunkel angefertigt und ihre Dunkelheit so weit über die
Fläche hin verbreitet werden, dass von der zu Grund liegenden
Helligkeit kaum noch Spuren übrig bIiebenI. Allerdings konnte
auch hier das ausgedehnte Vorbereitungsverfahren auf weissem
Reflektor noch immer zu sorgfältiger Unterlegung der Compo-
sition und der Einzelgestalten weiter dienen. Wo aber das
Beleuchtungsproblem so beschaffen war, dass höchste Licht-
stellen oder sehr brillante Localfarben, zu deren Erzeugung
die Erhaltung des starken Lichtreflektors förderlich gewesen
wäre, gar nicht vorkamen, sondern im ganzen Bild ein
mäSSigGS Dämmerlicht herrschte, da liess sich in der That,
das Verfahren abkürzend, die erste Vorbereitung sogleich
in die neutralgraue halbdeckfarbige Modellirung ver-
legen, die nun auf einem durchaus dunklen Untergrund an-
gefertigt ward, welcher der Farbe nach die Braununter-
tuschung ersetzte.
In solcher Weise verfuhr z. B. Correggio und nach ihm
der spätere Ludwig Carracci und man wird ihre sorgfältig
geführten Werke an Schönheit, Feuer und Durchbildung des
Colorites auch dem Besten für ebenbürtig erklären müssen, das
auf dem Wege des ausgedehnteren Verfahrens entstanden ist.
Diese und ihnen ähnliche Meister wählten solche Dämmerstim-
mungen theils aus Vorliebe für deren sanften poetischen Aus-
druck und Reiz, theils, weil sie überzeugt waren, dass die Ma-
lerei dem N aturvorbild in so mässigen Lichterscheinungen näher
zu kommen vermöge, als in hellstrahlenden und an Gegensätzen
starken Effekten. Andere wieder mochten sich getrauen, zu
dem kürzeren Verfahren auf farbigem und verdunkeltem Unter-
grund zu greifen, weil sie sich guten Muthes als vollendete
Meister der Composition des Ganzen und der Darstellung der
Einzelformen fühlen durften, und auch, wo dieses zutraf, haben
I Ein Beispiel hierfür ist die Braununtertuschung
von Lionardo in der Vaticanischen Bildergalerie.
heil.
des
Hyronimus