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eine breitere, massigere Compositionsweise. Und während die
nordisehen Meister noch lange bei der durchsichtigen Malweise
beharrten, so dass der späte Rubens dieselbe sogar noch bei
manchen seiner Werke monumentalen Stiles und Formates an-
wandte, entschieden sich die Italiener schon früh dafür, dass diesem
grösseren Stil auch ein robusterer Farbenauftrag angemessen sei.
Bei dieser derberen Behandlung konnte das Zugrundeliegen eines
weissen Lichtreflektors von keiner sonderlichen Bedeutung
mehr sein. Als aber die Maasse der Bilder immer grösser
wurden, endlich Proportionen annahmen, für die Holztafeln nicht
mehr anwendbar waren, und man grosse starkfadige Leinwand-
gewebe an deren. Stelle setzen musste, wäre auf diesen
die Herstellung eines vollkommenen weissen Lichtretlektors so-
gar aus materiellen Gründen schwer ausführbar gewesen. Ein
weisser Malgrund verliert nehmlich die Hälfte seines Werthes,
wenn er nicht sehr glatt, sondern rauh und körnig ist, weil ja
in diesem Falle ein Gewirr kleiner Schatten entsteht, die ihn
nur grau erscheinen lassen. Wollte man aber auf einer grossen,
starkfadigen Leinwandfläche einen gut geglätteten weissen Mal-
grund herstellen, so müsste derselbe ob nun aus reiner Oel-
farbe, oder mit Hilfe von Gyps gefertigt so dick aufgetragen
werden, dass er bei der Beweglichkeit seiner Grundlage höchst
zerbrechlich sein würde. Streicht man andrerseits Weiss nur
dünn auf ein grobfadiges Gewebe, so wirkt es, weil von Fläche
nicht glatt, nur grau. Dazu ist es, wie Jedem, der mit Oel-
farben umzugehen hat, wohlbekannt, kaum ausführbar, auf einer
grösseren Fläche mit dünner Schicht von Weiss einen gleich-
mässigen und fleckenlosen Anstrich zu erzielen, während dies
schon in Silbergrau ganz mühelos geschieht. Und da nun der
Helligkeitsunterschied zwischen solchem Silbergrau und dem mit
Weiss auf rauher Fläche erzielten Grau kein so gar grosser ist,
so begreift sich leicht, dass, auf Leinen, an Stelle der weissen
die silbergrauen Malgründe traten. Man malte alsdann auf
diesen rauhen, silbergrauen Gründen bei der Grauuntermodelli-
rung mit stark impastirten weissen Lichtern, wie z. B. sehr
deutlich bei Paul Veronese zu sehen und glaubte, so das
Leuchten des fehlenden allgemeinen Reilektors zu ersetzen, was