Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

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Allein dieses Schutzmittel konnte auch zu einer Ursache 
des Verderbs werden. Im Falle nehmlich, dass von der Rück- 
seite her Feuchtigkeit einclrang und nicht alsbald wieder nach 
hier abzog, sondern sich in der dicken Gyps-Leimschicht fest- 
setzte, musste sie die vordere Seite, den Harzölfirniss und 
die von diesem durchdrungenen Temperafarben, die ihr den 
Durchgang wehrten, zu Blasenbildung, Zerreissung und Abblät- 
terung bringen, da sie den hinter dieser ihr undurchdringlichen 
Schicht befindlichen Gypsgrund auflockerte. Dies ist denn auch 
ersichtlichermassen bei gar manchen jener alten Temperataieln 
eingetreten und musste ebenso bei Oelbildern eintreten, die auf 
so dicken Gypsgrund gemalt waren. 
Das Beispiel hiefür sieht man an alten in Oelfarben aus- 
geführten Wandmalßreien. Auch hier hat sich, allen angewandten 
Vorsichtsmassregeln zum Trotz, die ganze Schicht nicht nur 
der Farbe, sondern auch des ölgetränkten Mauerbewurfs unter 
in dein byzantinischen Malerbuch beschriebenen Bilderiirnisse, die auf 100 
Theile gekochten Oeles (Peseri) 75 oder auch 50 "llieile Harz enthielten und 
beim Aufstreichen mit etwas ungekochtern Oel oder auch Petroleum „liquid" ge- 
macht wurden.  Siehe S3 31 und 32 des zweiten Theiles des von Didron heraus- 
gegebenen, von Schaefer nach dieser Ausgabe in's Deutsche übersetzten Manuel 
d'[c0nographie. Zum indirecten Beweis dafür, dass auch die dort beschrie- 
benen, niit Oel liquid gemachten irirnisse zum Trocknen an die Sonne gestellt 
werden mussten, dient die einem andern Recept für öllosen, bloss aus Harz 
und Steinöl bereiteten Firniss (S 33) beigeschriebene Bemerkung, d as s die s e r 
Fi rn i ss im S ch atten tr o c k n e-Endlich ist auch in B0rghini's "lüposo" 
(um 1580) ein aus einem Theil Mastix, zwei Theilen Nussöl und einem halben 
Theil Petroleum bestehender Firniss beschrieben-der also, wie man sieht, der 
Hauptsache nach dem im Buche vom Berge Athos erwähnten ähnlich ist-und 
wirdgleichfalls als „an der Sonne trocknend" bezeichnet, im Gegensatz zu einem 
„im Schatten trocknenden" öllosen, bloss aus Harz und Terpentinessenz be- 
stehenden.--Ferner findet sich dergleichen bei-Merrifield, Marciana Ms. (um 
1550), und Alles dieses zusammen möchte also eine nahebei zutreffende Vorstel- 
lung von der Zusammensetzung der vernice liquida geben. Nur sind, wie aus 
den verschiedenen Beschreibungen hervorgeht, die darin enthaltenen Harze 
bald bessere, bald der Billigkeit halber geringere gewesen. -Firnisse, deren 
Harz bloss in ätherischem Oel oder gar in Spiritus gelöst ist, bedürfen jeden- 
falls nicht der Sonne zum Trocknen. Sie erstarren vielmehr fast schon 
während des Auftragens unter dem Pinsel, daher sie auch nicht liquid ge- 
nannt werden können.
	        
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