Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

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auf dem Nichts mehr einschlug. Es liess sich auf ihr, da sie 
lauter ganz helle Töne enthielt, sehr schön und brillant mit 
durchscheinenden Farben weiterarbeiten, sodass die von meinen 
Freunden so gefertigten Bilder an Schönheit und innerem Leuchten 
der Farben den Oelbildern älterer Schulen wohl nahe kommen. 
Die Wohlerhaltenheit mancher sehr alter Temperabilder, 
die zweifellos auf solche Tafeln gemalt sind, beweist für das 
grosse Cohäsionsvermögen und die dauerhafte Festigkeit dieses 
aus gereinigtem, kohlensäurefreiem Gyps und sehr viel starkem 
Leim bestehenden Gemisches. Die im Verlauf weniger Tage 
stark erhärtende und dann, wenn sie vor Feuchtigkeit bewahrt 
bleibt, ihr Volumen nicht mehr verändernde Masse darf zu dem 
Zweck, sich sehr glatt und eben schaben zu lassen, ohne 
Gefahr der Bröckelung so dick aufgetragen werden, wie 
Cennini es beschreibt. Selbst ein nachträgliches gelindes F eucht- 
werden hat ihr Nichts an, wenn es sich nur nicht allzu häufig 
wiederholt und die Feuchtigkeit Luft hat, so, wie sie eindrang, 
allmählich und vollkommen auch wieder zu verdunsten, ohne 
dass anderweitige gewaltsame Einflüsse, wie Erschütterungen, 
Biegung u. s. w. dabei mit in's Spiel kommen. Nun sitzen die 
Gyps-Leimgründe der alten Temperabilder auf Holztafeln, die 
eine ziemliche Dicke besitzen und, zweitens, so zubereitet sind, 
dass sie sich unter dem Einfluss der Feuchtigkeit nicht leicht 
werfen. Endlich wurden die Bilder unter normalen Verhältnissen 
an trockenen Orten aufbewahrt und so konnte eine nur geringe, 
von der Rückseite her durch das Holz bis zur Gypsrnasse vor- 
dringende Feuchtigkeit keine grosse Gefahr für den Gyps mit 
sich führen; sie zog, wie sie gekommen war, wieder ab. An 
der Vorderseite ward die Malerei selbst durch einen stark öl- 
haltigen Harziirnissl gegen Luftfeuchtigkeit geschützt. 
1 Der bei Cennini, Cap. 155, zum Ueberziehen der Temperatafeln die- 
nende ,.Hüssige Firniss (vernice liquida)" uvar, wie aus dem Ende des Capitels 
hervorgeht, da er der Sonne zum Trocknen bedurfte, sicher ein langsam 
trocknender, mit Oel versetzter Firniss. Bei der nahezu vollständigen Ueber- 
einstimmung fast aller Hauptanweisungen CenninPs mit Recepten des soge- 
nannten Malerbuches vom Berge Athos darf man wohl annehmen, dass 
Cenninfs vernice liquida eine ähnliche Zusammensetzung hatte, wie diejenigen
	        
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