Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

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jedenfalls ist sicher, dass der Autor an der Stelle seiner 
Anweisungen (Vers I7), die mit Wahrscheinlichkeit auf Ver- 
wendung von Gyps- oder Kreidegründen gedeutet werden kann, 
diese Gründe, bevor die Arbeit des Colorirens oder eigentlichen 
F arbenauftrags beginnt, mit einer Imprimitur aus dünner Oelfarbe 
versehen werden lässt. Erst wenn diese Imprimitur trocken 
ist  sodass der Gypsgrund nun auf keinen Fall Oel aus den 
nachher aufgetragenen Farben mehr aufsaugen kann, fängt das 
Malen an. 
Führen also gewisse Verfertiger angeblich nach „echt alt- 
flandrischer oder -deutscher Art" bereiteter Maltafeln neuerdings 
neben andren auch diesen Schriftsteller als Autorität für den 
Gebrauch einsaugender Kreidegründe in der alten Oelmalerei 
an, so geschieht dies entweder aus Zuversichtlichkeit eigner Un- 
wissenheit und Unkenntniss seiner Schrift, oder aus zuversicht- 
licher Speculation auf die Unwissenheit und Indolenz ihrer Clientenä 
Ob die Gyps- und Kreidegründe der älteren Oelmalerei zum 
Aufsaugen des Oels dienten, darüber enthält überhaupt kein 
einziges der alten Malerbücher auch nur irgend welche Andeu- 
tung. Ebensowenig ergiebt die heutige Untersuchung der alten 
Tafeln selbst mit Sicherheit den Schluss, dass auf diese Unter- 
gründe, wo sie zweifelsohne vorliegen, direct und ohne weitere 
Präparation mit Oelfarben gemalt worden sei. 
Unter den modernen Kunstschriftstellern hat Eastlake das 
Verdienst, in seinen Materials for a history of oil-painting sehr 
einleuchtende Gründe gegen das angebliche Oeleinsaugen der 
alten Kreide- und Gypsgründe beigebracht zu haben. Er sagt, 
so oft man solche alte Vilerke, um sie vom Untergang zu retten, 
I Auch Verfertiger sogenannter Harzölfnrben, die angeblich den Farben 
des van Eyck genau nachgeahmt sind, sowie nicht minder die Neuerlinder 
jener echten alten Temperafarben, mit denen dieser und alle übrigen alten 
Meister der Oelmalerei ihre Oelfarben unterlegt hätten, lieben es, sich auf 
die Schrift des van Mander zu berufen.  Und doch kommt  so unglaub- 
lich dies Manchem auch klingen mag  weder in van Mander's Lebensbe- 
schreibungen der Brüder van Eyck, noch des Antonello, oder des Rogier 
van Brügghe, u. s. w., noch überhaupt im ganzen Buch auch nur eine 
Sylbe vonrHarzölfarben oder von Unterlegung der Oelmalereien mit Tempera- 
farben vor.
	        
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