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gerade diejenigen Eigenschaften und Hilfsmittel ein, die den
Hauptvorzug der Oelrnalerei ausmachen. Will man sich auf
das Einfachste von der Irrigkeit der Ansicht überzeugen, dass
die älteren flämischen, deutschen und italienischen Oelmalereien
ihre heute noch so wohlerhaltene F arbenbrillanz oder gar -Trans-
parenz Gyps- oder Kreidegrundierungen verdankten, die das
trübende Oel aus den Farben hinweggesogen hätten, so ver-
gleiche man diese Tafeln nur mit den Erzeugnissen einer mo-
dernen Oelfarbentechnik, zu deren Grundprincipien, wie wir mit
Sicherheit wissen, die Oelentziehung mittelst eigens dazu prä-
parirter Kreidegründe wirklich gehört. Eine grössere Ver-
schiedenheit des coloristischen Erfolges lässt sich kaum denken.
Hell zwar, aber nichts weniger als leuchtend, sondern vielmehr blass,
dumpf und undurchsichtig, öde, trocken, kraft- und leblos steht
die F arbenerscheinung solcher moderner Bilder neben dem kern-
gesunden, innerlich licht- und farbenglühenden Colorit der äl-
teren. Wer den optischen Unterschied dieser beiden Erschei-
nungen nicht fühlt, muss mit Blindheit geschlagen sein. Gerade
das Gegentheil jener Ansicht wird durch das innerliche, farben-
intensive Leuchten der alten Tafeln bewiesen, denn dieses ist
aus physikalischen Gründen überhaupt nur möglich und erreichbar,
wenn den Farben ihr Gehalt an transparentem Bindemittel er-
halten bleibt, Durch undurchsichtige Farben kann kein
weisser Grund mehr hindurchleuchtenl. Und da es nicht wohl
statthaft ist, anzunehmen, dass diese so einfache Wahrnehmung
jenen unerreichten alten Meistern des Colorites entgangen sein
sollte, so wird man dieselben auch wohl des schnurrigen Ein-
falles nicht für fähig halten dürfen, sie hätten ihren Farben das
Kraft und Durchsichtigkeit verleihende Bindemittel bloss darum
mühsam zugerieben, um es beim Malen durch den Malgrund
sofort wieder daraus entfernen zu lassen.
1 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei. Quellenschriftenaus-
gabe, Nr. 191 (172). „In Bildern lebhafte und schöne Farben zu behan-
deln. Den Farben, denen du Schönheit verleihen willst, wirst du stets
einen äusserst hellen Untergrund bereiten. Dies sage ich für die durch-
scheinenden Farben, denn denen, die dies nicht sind, hilft solch ein heller
Untergrund zu Nichts."
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