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schreitet. So verändern diese Farben nicht nur ihr eignes an-
fängliches Aussehen, sondern auch dasjenige aller lVIischtöne, in
die sie eingingen. Sie sind sämtlich nur dann zu gebrauchen,
wenn sie mit sehr rasch trocknendem Bindemittel verrieben und
zwischen kräftige untere und obere Firnissschichten gelegt
Werden, die sie von anderen Pigmenten und von der Luft isoliren.
Auch alsdann sind die gefährlicheren von ihnen die helleren
und gelblichen Sorten, die also eine noch niedere und am
leichtesten der Weiterentwicklung fähige Oxydationsstufe re-
präsentiren; die dunkleren, stark in's Blaue fallenden Sorten
dagegen sind, als die am meisten in der Oxydation vorge-
schrittenen, die haltbareren.
Fast noch am brauchbarsten von allen ist der reine blau-
grüne Grünspan, der sich denn auch nicht selten in Gewändern
auf alten Bildern wohlerhalten zeigt. Lionardo da Vinci gibt
die Anweisung, man solle den lzell gejfairätezz Grünspan vor dem
Gebrauch oft mit Limonensäure beträufeln um eben die
Oxydation rasch bis zu Blaugrün weiter zu fördern und
müsse die Farbe nach dem Auftrag firnissen, weil sie sich sonst
leicht mit der Luftfeuchtigkeit verbinde und dann mit Wasser
wegwaschen lasse. lVIit anderen Farben gemischt, gehe sie mit
ihrer Schönheit in Dunst auf. --Da nun dieser blaugrüne Grün-
span sehr durchsichtig ist, was sich bei Verreibung mit Bern-
steinfirniss noch steigert, so lässt sich aus ihm auch andres
Grün, als sein eignes mischen, indem man ihn über eine durch
F irniss wohl von ihm isolirte Unterlegung aus haltbarem Hell-
gelb oder Hellgelbgrün lasirt, welche Möglichkeit bei den anderen,
undurchsichtigen Kupfergrünsorten wegfällt. So, als Lasurfarbe,
Ward er denn auch von den Alten ausschliesslich angewandt,
sowohl über hellen Unterlagen, als auch über oder unter, gleich-
falls von ihm isolirtem durchsichtigem Dunkelroth und -Violet,
behufs Erzeugung tiefster Schattenclunkelheitenl.
Das Grün der zuzdurclzsicktzgezz Kupfergrzinsortan, wie z. B.
1 Siehe die Originalanweisungen Lionardcßs über Behandlung und Ver-
wendung des Grünspans im Libro di Pittura, bei I. P. Richter Nr. 626 und
627, in der Quellenschriftenausgabe Nr. 21x und 212.(I95, 196).