Capitel
Beurtheilung einer Anzahl heute in Gebrauch stehender
Oelfarben hinsichtlich ihrer Beständigkeit und der für sie
geeigneten Behandlungsweise.
S 31. Man pflegt viel von Geheimmitteln zu reden, Welche
die alten Meister bei ihrer Malerei gehabt und eifersüchtig ge-
hütet hätten. Wenn man aber bedenkt, dass die Lehrlinge und
Gesellen in den Werkstätten der Zubereitung der Farben mit
Bindemitteln und der Anfertigung dieser letzteren obliegen
mussten, und dann weiter bedenkt, wie diese Gesellen auf ihren
Wanderschaften aus einer Werkstatt in die andere gingen, so
muss man zu dem Schluss kommen, dass es mit der Geheimniss-
krämerei so schlimm nicht bestellt gewesen sein könne, und
eher ein sehr lebhafter Austausch von Handwerks- und Kunst-
vortheilen zwischen den Werkstätten stattgefunden habe.
Redete man dagegen von Geheimnissen und Geheimmitteln,
die in der heutigen Maltechnik der Gebrauch sind, da träfe
man in's Schwarze. Denn man darf mit Sicherheit behaupten,
dass die heutige Malerschaft, sozusagen, in corpore den Künsten
der Zubereitung der von ihr gebrauchten Farben mit Binde-
mittel und der Bereitung der Binde- und Malmittel selber -wie
einem tiefen Geheimniss gegenübersteht. Und zwar gehört
dieses Geheimniss nicht etwa einem kleinen eingeweiheten Rest-
theil ihrer Kollegen, sondern den Farbenfabrikanten, die es mit
allem Fleiss hüten.
"Unter den alten, gesunden, nun längst entschwundenen
Verhältnissen des Kunstbetriebs war in der malerischen Technik
der Fortschritt vom Guten zum Besseren so sehr erleichtert,