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Wie man aus Vorstehendem ersieht, ist das Verreiben der
Oelfarben nach der alten, guten Methode, mittelst Reibeplatte
und Läufer, eine Geschicklichkeit, die man bei einiger Uebung,
einiger Sorgfalt und Aufmerksamkeit leicht zur Perfection bringt.
So verschieden an Capacität der Bindemittelaufnahrne die ver-
schiedenen Pigmenten auch sind, so ergibt sich doch bei einem
jeden das für die rechte Consistenz der Paste erforderliche
Mengenverhältniss zwischen F arbenpulver und Bindemittelflüssig-
keit ganz von selber. Bei einem jeden Pigment sieht man
diese Consistenz unter seinen Augen entstehen. Gewahrt man,
dass der Farbenbrei unter dem Reiben zu trocken, steif und
glanzlos ist, so träufelt man aus dem OelHäschchen das nöthige
Oel hinzu. Hätte man im Gegentheil zuviel Oel hinzugemischt,
so würde man ganz einfach ein XIVeniges von dem in Reserve
gehaltenen trockenen F arbenpulver hinzureibenl.
1 Die Apostel der Zukunftswissenschaft der Maltechnik reden wohl von
Nothwendigkeit der Ausfindigmashungigenau bestimmter Procentsätze zwischen
jedem einzelnen der verschiedenen Pigmentpulver und der demselben zu-
zuertheilenden Bindemittelquantität, wobei der „Structur, den Hohlräumen,
der molecularen Lagerung der Pigmentmasse" als wenn ihnen der
Anblick solcher Moleciile etwas ganz Alltägliches wäre Rechnung zu
tragen sei. Auch soll es nach ihnen bei der Oelfarbenbereitung derartige
für dieselbe gültige Normen bereits geben und sie citiren hiefür öfters eine
im Jahre 1872 erschienene Broschüre des kgl. baierischen Geh. Regierungs-
raths und Hofapothekers Herrn Prof. v. Pettenkofer "Ueber Oelfarben und
Conservirung der Gemälde", die einige dessbezügliche Angaben enthält.
Allein diese letzteren machen in Wirklichkeit nicht den geringsten Anspruch
auf wissenschaftlichen XVerth, sondern zeigen nur, nach welcher Manier
oder Mode die Münchener Oelfarbenfabrikanten damals im Durchschnitt die
Farben verrieben. Solche Moden wechseln nehmlich, jenachdem die Ab-
nehmer der Fabrikanten, die Maler, der jeweilig herrschenden Malmanier
wegen entweder eine steifer-e, oder schlickerigere Consistenz des Farbenbreies
wünschen. Die angeblich so wichtige Auslindigmachung jener genau be-
stimmten Procentsätze aber hat in Wahrheit weiter keinen Zweck, als den
der Bequemlichkeit und etwas grösseren Sicherheit der fabrikmässigen
Farbenverreibung auf Maschinen. Bei derselben soll, zu besserer Vermeidung
der sonst fortwährend dabei vorkommenden Fehler und Missgriffe, in allezeit
uniformer Manier 'nach der Schablone gearbeitet werden können. Auch hier
also hat es diese "Wissenschaft" immer wieder auf den Vortheil der Fabri-
kanten abgesehen, nicht aber auf den der Malerei. Bei Verreibung der