keine gesicherten Leistungen aufzuweisen, so wird sie alte, zwar
noch nicht von ihr bewiesene, aber auf dem Wege vielhundert-
jähriger Praxis und Erfahrung bewährte Dinge, wie eben jene
"Malerrecepte", nicht als Willkürliches, unbrauchbares Zeug über
Bord werfen, sondern dabei anknüpfen und sie ernstlich studiren.
Man sucht das Ziel in viel zu weitem Felde. ja, was man
mit so grosser Wichtigkeit sucht, braucht gar nicht gesucht zu
werden, es ist längst vorhanden und nicht verloren gegangen.
Die ganze Begründung dieser neuen Wissenschaft, die uns das
dauerhafte Material erst erfinden und dann auf wissenschaftliche
Weise anfertigen soll, erscheint vollkommen überflüssig. Wo
hätte eine ähnliche Wissenschaftlichkeit denn bei Beschaffung
jenes als so solid bewährten Malrnaterials zu Gevatter gestanden,
das uns jetzt noch wie frisch und neu aus den vor 300 bis
500 Jahren gemalten altiiandrischen Tafeln anschaut? Von einer
chemischen Wissenschaft im heutigen Sinne hatte man doch
wohl damals noch nicht einmal eine Vorahnung und gerade
dem Malerreceptewesen, das durch die neue Wissenschaft jetzt
endlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden soll, war dieses
Material verdankt. Werden nur die wenigen Malöle und Harz-
firnisse, die massige Anzahl der Pigmente, die sich dort als so
haltbar bewahrten, wieder eben so einfach und sorgfältig bereitet,
so ist es gethan. Die chemische Wissenschaft aber setzte
dies gestehen Chemiker, wie Merimee und Decaux selber im
Laufe der Zeit durch ihre vielen Neuerfindungen an Stelle der
Einfachheit und Zuverlässigkeit dieses Materials die heutige
Confusion und Unsicherheit.
Kein Vernünftiger wird der heutigen Chemie streitig machen
wollen, dass sie, wenn sie sich ebenso gut in den Zwecken der
Malerei unterrichtet, wie die Bereiter jenes Materials es jeden-
falls waren, auch eben so Vortreffliches und Einfaches herzu-
stellen vermöge, oder dass sogar manches von ihr Bereitete
schon ebenso trefflich ist. Nur würde es irrthümlich sein, zu
glauben, dass hiemit auch sogleich dem Uebel der Hinfälligkeit