Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

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Material den Zweck materieller Dauerhaftigkeit, zu dem es 
ausfindig gemacht und construirt ward, in der malerischen Praxis 
auch wirklich mit Sicherheit erfüllen könne, wird es natürlicher 
Weise entsprechend methodisch und gleichmässig nur zu den- 
jenigen Malweisen und maltechnischen Manipulationen angewandt 
werden müssen, die bei seiner Erfindung und Construction dem 
Verstand oder der Phantasie der betreffenden Chemiker oder 
Physiker als zweckentsprechend vorschweben konnten. Allein 
es darf wohl mit Gewissheit erwartet werden, dass, wenn die 
Malerei erst einmal durchaus diese ihr von jener dereinstigen 
chemischen "Wissenschaft der Maltechnik" vorgezeichnete sichere 
Strasse der Dauerhaftigkeit wandelt, es mit der Kunst der 
Maltechnik aus und zu Ende sein wird. Die fabrikmässige 
Schablone, die das Ziel und die sinnliche Ausdrucksform jenes 
in Praxis gesetzten wissenschaftlichen Begriffswesens ist, wird 
mit der unkünstlerischen Monotonie und Leerheit der grob und 
roh verallgemeinerten Züge ihrer Physiognomie die Mannig- 
faltigkeit individueller Ausdrucksweisen, in denen künstlerisches 
Wesen sich zu zeigen liebt, verdrängt und umgebracht habenl. 
Wie weit von solchem Chinesen- und Byzantinerthum sind 
doch die Weisen der Maltechnik entfernt, die uns gerade in 
den trefflichst erhaltenen Oelmalereien altfiandrischer, -deutscher, 
-italienischer Schulen und der Niederländer des I 7. Jahrhunderts 
vor Augen stehen! Wer dürfte sich wohl getrauen, mit dem 
heutigen fabrikmässig bereiteten Oelfarben- und Harzölfarben- 
Material der F arbentechnik jener niederländischen Kleinmaler, 
oder derjenigen der älteren genannten Schulen zum Verwechseln 
ähnlich nachzukommen? Bei dem Versuch wird man sogleich 
erkennen, dass hier eine uniforme Bereitung der Pigmente nicht 
ausreicht und dass ein und dieselbe Farbe bald als magere, 
1 Oder nicht? Betrachtet nur auf den jährlichen nationalen und inter- 
nationalen Kunstaustellungen die Werke aller derjenigen heutigen Maler, die 
sich bereits wirklich ihr Malmaterial geduldig und gläubig von ihren Farben- 
chemikern erfinden und vorschreiben lassen, ob Ihr da. noch kräftiger, oder 
feiner künstlerischer Individualität malerischer Technik, und nicht Vielmehr 
oberflächlicher, monotoner, fabrikmässiger Schablonenhaftigkeit derselben 
begegnet, die derjenigen des Malmaterials auf's Beste entspricht. 
Ludwig, Technik. II. 8
	        
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