Ein weiterer grosser Nachtheil der Harzfarben besteht in
der allgemeinen Durchsichtigkeit, die das Harz den Pigmenten
die prägnanten Unterschiede zwischen deckenden, Licht von der
Oberfläche refiectirenden und transparenten Farben verwischend
verleiht. Nur die dunklen, durchsichtigen und die schön-
farbigen Pigmente gewinnen an Kraft und Pracht, die hellen
und opaken aber werden dunkler und kraftlos. Ebenso, wie in
Harzölmalerei, bekommen die Bilder in Folge dessen wohl einen
dunkleren allgemeinen F arbenton, als gewöhnliche Oelbilder,
aber kein stärkeres Relief durch den Abstand des höchsten
Lichts vom tiefsten Schatten.
Versucht man der geschwächten Deck- und Leuchtkraft
der opaken Pigmente durch gesteigerte Dicke des Auftrags
nachzuhelfen, so entsteht hier ein höchst plumpes Wesen, weil
sich die baldigst anziehenden Farben nicht glatt in einander ver-
malen lassen, sondern stockig und störrig dem Pinsel wider-
stehen. Es ist höchstens noch ein mosaikartiges Nebeneinander-
setzen unverbundener Töne möglich, das die Vollendung der
F ormenründung, wie den Schmelz des Colorites gleicherweise
beeinträchtigt.
Endlich sind die Harzessenzfarben in Folge der grossen
Sprödigkeit ihres Bindemittels nicht von sehr grosser Dauer.
Das damit Gemalte bekommt mit der Zeit leicht Sprünge und
Risse. In diese setzen sich dann Staub und Luftfeuchtigkeit,
bei voranschreitender Zertrümmerung des harzigen Bindemittels
kommt die unter dem Namen "Bilderschimmel" bekannte Trü-
bung der Transparenz zum Vorschein und verfällt die Schicht
zuletzt der Zerstörung.
Von beliebigem Nasshalten der Harzfarben kann selbst-
verständlich keine Rede sein.
Aus allen diesen Gründen sind die Harzfarben ein sehr un-
vollkommenes Malmaterial, das sich zu durchgeführten Arbeiten
grösseren Umfanges nicht eignet. Sie dienen hauptsächlich nur
zu Flickarbeit, z. B. beim Restauriren beschädigter älterer und
neuerer Oelbilder. Hier werden sie von gewissenhaften Retou-
Cheurs angewandt, erstens, weil die damit gesetzten Retouchen
nicht nachgelben und -dunkeln, wie die mit Oelfarben gesetzten,