Die Oeifarben besitzen so lange, als sie nass sind, eine
angenehme Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit, dazu, wenn sie
gehörig {ein und dabei mager mit Oel verrieben sind, auch
tüchtige F ärbekraft. Den beiden ersten der in S 21 bezeichneten
Bedingungen eines guten Malmateriaies scheint also entsprochen
zu sein.
Was aber störend eingreift, ist der Trockenprocess des
Oeles (siehe Capitel I, S II). Die wenig Oel saugenden Pig-
mente beginnen schon im Verlauf weniger Stunden nach dem
Auftrag anzuziehen und ihre anfängliche Dehnbarkeit mit einer
schmierenden Zähigkeit zu vertauschen. Nach Ablauf von
18-24 Stunden nun gar sind sie bereits mit einer festen Haut
bedeckt und vollkommen unverstreichbar. In ihnen lässt sich
dann also weder im Nassen weiter arbeiten, noch sind sie trocken
genug, um ohne Gefahr des Zerreissens der Malerei übermalt
werden zu können, und dem Maler bleibt nichts übrig, als die
Arbeit an solchen Stellen seines Bildes einstweilen ruhen zu
lassen, die Zeit der festen Austrocknung abzuwarten, und die
Stellen dann behufs des F ertigmachens mit neuer Farbenschicht
zu übergehen. Hier ist er also trotz der guten F ärbekraft des
Materials bereits zu dickerem Auftrag genöthigt, als der Schön-
heit des Colorites erspriesslich ist, und hat zudem viel Zeit
verloren. Noch mehr Zeit wird er aber verlieren, wo es sich
darum handelt, eine Partie seines Bildes mit mehrmaligen La-
suren, oder abwechselnd mit Lasuren und halbdeckenden Schichten
auf dem Trocknen zu übergehen. Denn die lasirenden, viel
Oel saugenden Farben, wie die Lacke, Schwarz, einige der
Mittelfarben, bleiben oft 4-5 Tage lang nass, um dann auch
ihrerseits ihren langsamen Austrocknungsprocess zu beginnen.
Wo endlich Mischtöne mittelst Mengung von Pigmenten der
verschiedenen Kategorien erzeugt werden, richtet sich die
grössere oder geringere Trockenkraft des Mischtons nach dem
Verhältniss, in welchem die aus den verschiedenen Kategorieen
entnommenen Componenten an dem Gemenge theilnehmen.
Und da in der Malerei solche Mischtöne fast fortwährend an-
gewandt werden, so ergibt sich hieraus eine geradezu unbe-
rechenbare Complication für die Zeiträume des soliden Aus-