Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

eine geschickte Malerhand im genauesten Zusammenarbeiten 
mit dem eben so feinen Auge judicirt, leistet und hervorbringt, 
hat die Sprache noch kein passendes Wort und sind Ausdrücke, 
wie Tastsinn, Instinct, Geschicklichkeit, viel zu dumm. Es ist 
zu vergleichen und steht auf gleicher Höhe mit dem entwickelten 
Sinn des Auges für alle Feinheiten und für Schön und Hässlich 
der Erscheinung und mit dem entwickelten Gehör für die Klänge 
der Musik. Und da. ein Chemiker weder diesen Sinn, noch 
jene mittelst desselben mit dem Malermaterial auszuführenden 
Manipulationen und deren Bedeutung für das zu Malende jemals 
auch nur entfernt begreifen kann, so kann er uns Malern auch 
nicht wohl das dazu geeignete Bindemittelmaterial ersinnen, 
oder darüber urtheilen, welche bei diesen Manipulationen be- 
gangenen Versehen nachtheilige Folgen mit sich führen müssenl. 
S 21. Dass ein Farbenmaterial seiner chemikalischen und 
physikalischen Beschaffenheit nach möglichste Garantie der 
Dauerhaftigkeit biete, ist noch bei Weitem kein Grund, es ein 
gutes Malmaterial zu nennen. Um ein solches zu sein, muss 
es sich überdem zur sicheren und bequemen Ausführung aller 
der künstlichen Manipulationen eignen, die  nicht etwa eine 
grobe und mittelmässige  sondern eine fein ausgebildete, 
Malweise anwendet, um auf der Bildfläche und in den Maler- 
1 Die Malerkunst hat aber nicht nur überhaupt dagegen zu protestiren, 
dass die einseitige Beschäftigung mit Chemie oder speciell Farbenchemie, 
auch bei Ermangelung deutlicher Vorstellungen von den Fällen und Bedin- 
gungen der malerischen Technik, zur Herstellung eines soliden, oder Dauer- 
haftigkeit versprechenden Malmaterials befähige. Sie muss sich zudem noch 
ganz besonders dagegen verwahren, dass Farbenchemiker ihre mangelhaften 
und sogar sehr rohen Begriffe, die sie nicht selten von hlaltechnik haben, 
einmischen. Huldigten sie z. B.  wie das ja vorkommt  irgend einer 
ungeheuerlichen zeitweiligen Moderichtung des Kunstgeschmacks, so möchte 
die Vorstellung, die sie hier von Maltechnik gewinnen, sie sogar zur Her- 
stellung eines zwar für diese bequemen, aber nicht einmal mehr in Ver- 
wendung zur Anstreicherkunst dauerbaren Materiales verleiten.  Kam es 
doch vor, dass Einer von ihnen seiner  vielleicht grösstentheils aus 
Spachtelmalern bestehenden  Zuhörerschaft die Kunst des Malens alles 
Ernstes wissenschaftlich als eine Art von Mauern und Kleiben vordefi- 
nirte, zu deren Ausübung ein gutes Malmaterial also möglichst geschickt zu 
sein habe.
	        
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