Volltext: Die materielle Dauerhaftigkeit der Oelmalereien (Theil 2)

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werden könnten, nachdem sie eben wirklich die Zeitprobe der 
Jahrhunderte bestanden haben würden. Dies hat also für uns 
Maler, so richtig es auch ist, nur sehr zweifelhaften XVerth, da 
wir so lange nicht warten können und, wohl oder übel, schon 
heute malen müssen. Die zuversichtlicheren praktischen 
Farbenchemiker aber  an die wir uns denn zu diesem Behuf 
wenden müssen  vergrössern die Confusion und Unsicherheit, 
die, gleichwie in so manches andre Gebiet menschlicher Betrieb- 
samkeit, auch in die Farbenbereitung durch das erstaunliche 
Auf blühen der chemischen Wissenschaft ja erst recht kam, durch 
ihre wechselnden Hypothesen, Streitfragen und unaufhörlichen 
Neueründungen nur täglich mehr. 
Hiezu rechne man, dass es unter den Wissenschaften wohl 
kaum eine zweite gibt, die eine solche Anziehungskraft auf den 
Dilettantismus ausübte, wie die Chemie, und dass daher auch 
kaum in einer andren soviel Oberflächliches und Unsolides an 
den Tag gefördert wird, oft in der besten Meinung, Dankes- 
und Empfehlenswerthes geleistet zu haben. Aber nicht nur zu 
solchem Selbstbetrug verleitet diese Wissenschaft leicht ihre 
Verehrer, sondern es gibt auch keine zweite, die so häufig zu 
Charlatanerie und wissentlichem Betrug missbraucht wurde, als 
sie. Wozu würde es uns Malern also helfen, wenn wir uns ent- 
schlössen, dieser oder jener uns nach irgend einer Theorie der 
Chemie als solid bezeichneten Zubereitungsart der Farbstoffe 
unser Vertrauen zu schenken und uns deren Kenntniss anzu- 
eignen? Wir müssten überdies auch allezeit in unsrer Werkstatt 
im Stande und bereit sein, zu untersuchen, ob die Farbstoffe, 
die wir kauften, denn wirklich nach dieser Methode zusammen- 
gesetzt und bereitet seien, oder nicht.  Wir müssten also 
geradezu selber ausübende Chemiker werden. Dies kann man 
aber nicht wohl von uns verlangen I. 
1 In Frankreich, wo man in allen Sachen der Kunst weit verständiger 
und praktischer verfährt, als bei uns, haben die solidesten Farbenfabriken 
längst den sehr nachahmenswerthen, reellen Gebrauch eingeführt, in ihren 
Preislisten neben den darin benannten Farbstoffen auch die chemischen Be- 
standtheile anzugeben, aus denen dieselben in der betreffenden Fabrik her- 
gestellt werden. Gewährt dies nun allerdings noch keine Garantie der
	        
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