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daher von ihnen durchtränkt und umhüllt und liegen, von der
Luft abgeschlossen, in ihr durchsichtiges Vehikel eingebettet.
Alles dieses zusammengenommen hat zur Folge, dass jede
einzelne Farbe und jede Mischfarbe der Oelmalerei, erstens,
dunkler, zweitens, in höherem Grade durchscheinend sein muss,
als ihr Aequivalent in Fresko-, Tempera- oder Aquarellmalerei,
und dass, drittens, jede Farbe und die ganze Malerei das Aus-
sehen, das sie unter dem Malen im Frischen hat, dauernd be-
wahrt und dasselbe nicht, wie bei jeglicher Wasserfarbenmalerei
der Fall, nach dem Trockenwerden des Bindemittels mit einem
stumpferen, helleren, durchaus veränderten Aussehen vertauscht.
S 17. Oelmalerei verfügt in ilzren Farben über energisrlzere Unter-
schiede deekender und durclzsiclztzger, stumpfer und interzxivfaräzger
Charaktere, über einen grösseren Liclztumfang, als Wasserfarben-
malerei und über qualitalive und guanfitalive Licklabxorptian und
-Rejlexz'on zugleich.
Die weissen Pigmente reHektiren unter allen Malerfarben
überhaupt das meiste Licht. Unter den Weisspigmenten ist
das Bleiweiss das bei Wasserfarbenmalerei nur in der Tem-
pera angewandt wird das hellste und deckendste. In ihm
pflanzt sich die Lichtbewegung noch um so viel langsamer fort,
als im Oel, dass, auch wenn es mit diesem verrieben wird, seine
Reflexion eine sehr starke bleibt; hiezu trägt bei, dass die ein-
zelnen feinen Körnchen seines sehr dichten Gefüges zu hart
sind, um das Oel in sich eindringen zu lassen, dieses die Bindung
also nur durch äussere Zusammenkittung der einzelnen Theilchen
vollzieht, ohne deren innere Reflexionskraft zu schwachen und
dass, endlich, das Bleiweiss behufs seiner Bindung unter allen
Pigmenten der geringsten Proportion öligen Bindemittels bedarf,
nehmlich noch nicht einmal eines Zehntels seines eigenen Gewichtes.
Aus diesen Gründen büsst es unter allen Pigmentpulvern, die
mit Oel verrieben werden, von dem Helligkeitsgrad und der
Deckkraft, die es in trockenem Zustande hatte, am wenigsten
ein und bleibt also auch unter allen Oelfarben seinem Aequi-
valent in Wasserfarben an Lichtstärke und Deckkraft am
nächsten.