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zu lasirende Stelle affresco unterlegt wird. Diese Unterlagen
sitzen dann fest und werden nach dem Trocknen ohne alle
Gefahr und nach Belieben a tempera übergangen; so kommt
bei Cennini Lasur a tempera über grössere Flächen hin vor
und werden mit Erfolg auch die sich löschenden Farben dabei
ausgenützt. Beispiel: Ein ultramarinblaues Gewand wird zuerst
ganz affresco mit Braun unterlegt und dann das dunkle Blau
a tempera darüber gemalt. Hier ist dann das äusserste an
Verdunkelung aufgeboten und erreicht, was das Material der
Wasserfarben insgemein auf dem Wege der Farbenmischung
durch Subtraktion leisten kann und die Mangelhaftigkeit der
nur grauen und dazu mit farbigem Stich behafteten Schwarz-
pigmente ist glücklich umgangen. (Siehe S 12, 2.)
Sowohl in der F resko- als Temperamalerei sind die einander
zu neutralem Grau und Schwarz löschenden Farben von jeher
auf's Reichlichste bei der F arbenmischung zu Verwendung ge-
zogen worden, so z. B. auch in der Carnation, wo die halb
und ganz deckenden Modellirungstöne, die aus einfachster
Mengung von Weiss mit entweder gelblichem, oder rosigem
Roth bestehen, über grüne Untermalung aufgeliöhet sind. Die
einschlägigen Manipulationen sind uralten Datums; sie finden
sich schon bei den byzantinischen MalernI, die sie vielleicht
von der Antike überkommen haben und sind bei den Giottesken
(siehe den Traktat Cenninfs), endlich bei Masaccio, Fiesole und
Späteren noch genau ebenso im Gebrauch.
Ueberblickt man aber die Gesammtleistungen dieser beiden
Malweisen, so leuchtet ein, dass diejenigen Meister alter und
neiier Zeit das Schönste und Natürlichste an Colorit in denselben
erreichten, die das Material nicht zu extremen Licht- und
Schatteneffekten zu zwingen strebten, sondern sich an die Dar-
stellung milder Beleuchtungen hielten, wie deren das diffuse
Tageslicht bei verschleiertem Himmel den dunklen Körpern
verleiht. Hier kommt an diesen letzteren ein vollkommenes
Erlöschen ihrer Localfarben nur in kleinen und unbedeutenden
Stellen vor und zeigen sich überall, auch in den Schattentönen,
Das
Malerbuch
vom
Berge Athos.
dqconographie.)
Manuel
(Didron.