Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

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und sich nur wenig von diesem unterscheidende, ebenso weich ver- 
schmolzene Halbschatten und Schatten, dem entsprechend sind 
auch alle Localfarben sehr schwach und nur eben angedeutet. Dies 
haben die Maler mit Geschick auszudrücken gesucht, indem sie 
bloss äusserst wenige und sehr gebrochene Localfarben auf dunklem 
Papierton in dünner Schichtung aufwischten, so dass der Papier- 
ton fast überall durch das nur einen Hauch darstellende Pastell- 
pulver hindurchscheint und so die an Zahl sehr beschränkten 
und an Werth sehr wenig von einander unterschiedenen Halb- 
töne und Schattentöne sich bilden, ohne dass eine Veränderung 
der aufgetragenen Localfarbe, oder Verwischung mit einer andren 
Pastenfarbe erforderlich wäre. In den Lichtern wird dann der 
Auftrag der Localfarbe nur um ein Geringes herzhafter. Auch 
findet sich wohl mit Geschmack und Wahl an einer Hauptstelle 
der Composition eine etwas lebhaftere, immer aber noch sehr 
milde und nie aus dem gesammten Dämmerton herausfallende 
Localfarbe eingeführt. 
So ist das coloristische Problem meist trefflich und auf 
anziehend feine Weise gelöst, nur, dass allerdings auch auf 
diesem dünnen Hauch von F arbenpulver noch ein Rest grauen 
Oberfiächenlichtes zum Vorschein kommt, der nicht ganz der 
Natur der Schattendämmerung entspricht, die hier dargestellt 
sein soll. Aber da diese zarten Werke meist auch mit grösster 
Delikatesse und Sorgfalt gezeichnet und modellirt sind und so 
bei der Bescheidenheit ihrer Färbung fast mehr den Anspruch 
farbiger Zeichnungen, als farbiger Malereien erheben, so nimmt 
man den geringen Missstand gern mit in den Kauf. 
In diesen Bildern ist jedoch, wie man sieht, mit Absicht 
und Bewusstsein gerade dem entsagt, was die höchste Kraft 
des Materiales ausmachen würde, der grossen Helligkeit nehmlich, 
die sich damit in Folge seiner natürlichen starken Reiiexions- 
kraft erzielen liesse. Diese Reflexionskraft ist in der Technik 
mit Gewalt gemässigt durch den dunklen hervorscheinenden 
Papiergrund. Die Maler haben also dies Material, sozusagen, dem 
Material zum Trotz gewählt und traktirt, und obschon sie Virtuoses 
und sehr Anmuthiges darin geleistet, so war ihr Standpunkt doch 
bereits mehr ein künstlicher, als ein natürlich künstlerischer. 
Ludwig, Oelmalerei. 5
	        
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