Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

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fahrt, um in einer Carnationsmodellirung aus gelblichen Lichtern 
durch graue und blauliche Halbtöne in warme Schatten über- 
zugehen u. s. w. Ueberall wird sich aber auch die durch kleine 
Lücken zwischen den Pastellkörnchen hervorschauende Farbe 
des Untergrundes mit einmischen und auch ihrerseits auf dem 
Weg bald der Subtraktion, bald der Addition an der Erzeugung 
der Töne theilnehmen. Um sich von allem hier Gesagten zu 
überzeugen, braucht man ein so gefertigtes Pastell, oder über- 
haupt jedes Pastellbild nur unter einer guten Lupe zu betrachten. 
Es ist also hier die grösste Vorsicht und viel Erfahrung 
erforderlich. Der Pastellmaler wird wesentlich auf Nebeneinander- 
setzung und Vermalung oder Verwischung sehr gut ausprobirter 
und aufeinander berechneter Mischtöne angewiesen sein, die er 
schon in den Stiften vorräthig findet. Leicht verfällt er hier 
der Gefahr, die Töne seiner Lichter, Uebergänge und Schatten 
disharmonisch und unwahr, fleckig und fremdartig auseinander- 
fallen zu sehen und sie lieber unverbunden und hart stehen 
lassen zu müssen, als beim Versuch, sie zu verschmelzen, in 
noch ärgerlicheres Uebel zu gerathen. Es ist daher sehr zu 
wünschen, dass man die Herstellung der verschiedenen Töne 
nicht lediglich den F arbenbereitern anheimgebe, von denen, da 
sie ja keine Maler sind, nicht zu verlangen ist, dass sie sich 
auf die Herstellung fein und harmonisch verlaufender Abschatti- 
rungsscalen verschiedener Localfarben verstehen sollen, wie die 
Malerei sie braucht; bei Anfertigung der Stifte sollten in dem 
Material und in dessen Technik, wie überhaupt im Stil, d. h. in 
den Möglichkeiten dieser Malart, wohlerfahrene und bewährte 
Künstler unbedingt zur Seite stehen und mit ihren Anweisungen 
den Ausschlag geben. 
Sehr glücklich und nachahmenswerth scheinen mir mehrere 
unter den französischen Klein- und Porträtmalern des vorigen 
Jahrhunderts in der coloristischen und technischen Behandlung 
des Pastelles verfahren zu sein. Diese wählten meist Beleuchtungs- 
probleme, wie man deren im gedämpften Licht grosser Zimmer 
beobachten kann, deren Fenster tief mit Gardinen verhangen sind. 
In solchem Dämmerschein haben die Gegenstände an Stelle hoher 
Lichter nur schwache und sehr weich verschmolzene Halblichter
	        
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