Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

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Einige wählen beim Malen im Freien einen vollkommen 
weissen Gegenstand, z. B. ein Stück weissen Papiers oder ein 
weisses Tuch, das sie in einiger Entfernung vor sich hinlegen, 
zum Maassstab des Colorites der Gegenstände. Dies hat natürlich 
nur dann überhaupt Sinn, wenn man vor allen Dingen bestimmt, 
welchen Werth dieses Weiss nun selber durch seine Lage in 
dieser Umgebung annimmt, sei es gegenüber der Farbe und 
Helligkeit des Himmels und ob es im Vergleich hiezu mehr 
röthlich, oder mehr gelblich, oder aber bläulich erscheint, oder 
sei es durch Reflexe, die es auffängt, oder durch den Grad von 
Beleuchtung der Stelle, an der es liegt u. s. w. Unter allen 
diesen Umständen und Eintiüssen wird dies NVeiss ja gar kein 
Weiss mehr sein, sondern andere Farben annehmen. Wer also. 
glauben möchte, er besässe im Weiss, oder in irgend einem 
beliebig gemischten Grau seiner Palette eine äquivalente Wieder- 
holung der Farbe jenes weissen Gegenstandes und brauchte in 
der Nachahmung die andren Farben ohne Weiteres nur so gegen 
diese Palettenfarben abzuwägen, wie er die Farben des Natur- 
vorbildes gegen die Farbe des weissen Tuches erscheinen sieht, 
würde von der Wahrheit sehr weit entfernt bleiben und einen 
von Grund aus falschen Ton anschlagen. jenes zum Maassstab 
gewählte Weiss des Papiers oder Tuchs ist gar kein Objektiv- 
maass mehr, sondern durch seine Lage in der Umgebung selbst 
ein unbekannter und vorerst zu bestimmender Werth und das. 
ganze Verfahren heisst also soviel, wie „die Heiligen um die 
Kirche tragen."
	        
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