Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

bald in ähnliche Verwirrung und F ehlerhaftigkeit gerathen, wie 
beim Zeichnen der Figur, wenn man deren Linienrichtungen 
und Grössenproportionen bei nur einigermaassen complicirtem 
Vorbild ohne Zuhilfenahme constanter gemeinsamer Maassstäbe 
(s. S 3) glaubte treffen zu können. Dagegen wird man beim 
Abschätzen der Licht- und Schattentöne dem Auge noch eine 
ganz besondere Erleichterung schaffen, wenn man sich den 
Gegenstand, um den es sich handelt, von allem Uebrigen ab- 
schliesst, ihn zum Beispiel durch die hohle Hand, oder auch 
durch eine andere wirksame Umrahmung hin betrachtend; nur, 
dass eine solche dann nicht selbst so hell oder so dunkel sei, 
dass sie hiedurch das Auge beirren könnte, sondern vielmehr 
einen mässigen Dunkelheitsgrad besitze. 
Aehnlichen Täuschungen über den wahren Sachverhalt, wie 
beim Beurtheilen von Verhältnissen der Lichtstärke, ist unser 
Gesichtssinn auch beim Abschätzen von F arbenunterschieden 
ausgesetzt. Localfarben steigern sich gegenseitig nicht nur be- 
züglich ihrer qualitativen Helligkeit oder Dunkelheit, sondern 
auch bezüglich der Intensitätsgrade ihrer Farbe. Ein feuriges 
Roth, Gelb, Grün, ein lebhaftes Blau, kurz, jede kräftige Farbe 
erscheint an Brillanz erhöht durch das Danebentreten einer 
blassen oder grauen und auch die blassen und gebrochensten 
Töne erscheinen sofort farbiger, wenn sie neben neutrales Weiss, 
Grau oder Schwarz zu stehen kommen. 
Einer weiteren Art von Täuschungen, die sich dann oft 
verstärkend zu den vorerwähnten gesellt, unterliegt das Auge 
durch sogenannte Complementärfarben, oder solche Lichtsorten: 
gemenge, aus deren Zusammenfügung wieder volles weisses 
Licht entsteht. Man lenkt bekanntlich mittelst physikalischer 
ApparateI die von gewissen Farbenpaaren  z. B. von Blau 
und Gelb  ausgehenden Lichtstrahlen so in's Auge, dass sie 
auf der Netzhaut in ein Bild zusammenfallen müssen, und es 
1 Farbenkreisei.  Spiegelung mittelst des Lamberüschen Experimentes- 
 Vereinigung zweier farbiger Lichtstrahlen auf derselben Stelle der Seh- 
nerven im Gehirn mittelst des Stereoskopes.  Dass, diese Erscheinungen 
zu kennen, nicht ohne praktische Bedeutung für den Maler sei, ward schon 
zu Ende des S 12 bemerkt. 
	        
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