Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

kleinen Flächen und so grosse Mannigfaltigkeit der Flächenlagen 
und Richtungen auch vorkommen mag, es ist alles mit über- 
zeugender Klarheit und ohne, dass der Blick einem Verstoss 
oder einer Ungewissheit begegnete, bewältigt. Betreten wir 
nun die Räume, die mit solchen Werken geschmückt sind, 
so werden wir der wirklichen Wände und ihrer Enge nicht 
achten, wir schauen in die weiten, idealen Räume dieser Bilder 
hinaus und unsere Phantasie ergötzt sich, zwischen Hügeln und 
Bäumen, Gebäuden und menschlichen Gestalten frei umherzu- 
spazieren. 
Wie anders in unseren modernen Bildergallerien, vor den 
Werken der Bekenner des natürlichen, keinen Schulzwang dul- 
denden Sehens mit zweien, beweglichen Augen! Oder vor 
jenen andren unserer Idealisten und Stilisten, die ja nicht minder 
die Bedingungen und Schranken ignoriren, auf welche das tech- 
nische Material die malerische Darstellungsart hinweist. Auch 
diese Werke verdecken uns zwar die Wände, aber ihr flatterndes 
Gewirr flacher F arbenflecken wird unserem Auge weit eher den 
Wunsch nach dem Anblick der bilderlos ruhigen Fläche derselben 
erwecken, als es in die Illusion freien Raumes hinauslocken. 
S 4. Die malerische Beobachtung der Natur hat sich also 
bei Darstellung des vertieften Raumes in gewisse Schranken zu 
fügen, welche die subjektive Natur und Eigenschaft eines ihrer 
Darstellungsmittel, die Iilächenhaftigkeit des Malgrundes vor- 
schreibt. Nur so offenbart die Malerei auch hier ihr Vermögen 
jener Lebhaftigkeit der Illusionswirkungen, in der keine andere 
Kunst ihr gleich kommt. Aus Rücksicht auf die Flächenhaftig- 
keit des Malgrundes entstand eine eigene Theorie des zeich- 
nerischen Sehens, die Lehre der malerischen Perspektive. Aber 
die nehmliche Flächenhaftigkeit macht auch noch in anderer 
Weise ihre Rechte geltend, denen Rechnung zu tragen, gleich- 
falls von Wichtigkeit und höchstem Vortheil ist. 
Die Mali-lache an und für sich wird je nach der Gestalt 
ihrer Umrisse oder ihres Rahmens verschiedenerlei Eindruck 
machen und es wird ebenso nicht gleichgiltig für den Eindruck 
des den Rahmen erfüllenden Bildes sein, ob diese Form z. B. 
eine in die Breite gezogene, oder eine schmal in die Höhe
	        
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