Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

her geläufigen realen Vorstellungen vollkommen zu überwinden 
vermögen und mit sinnlicher Deutlichkeit, das Auge unmittelbar 
überzeugend vor uns haben, was sonst beim Zeichnen nachdem 
Runden dem Anfänger die grössten Schwierigkeiten macht und 
wozu Viele Zeit ihres Lebens nicht vollständig gelangen; wir 
werden nehmlich durch die dominirenden Flächenelemente der 
Umrahniung bestimmt, es über uns zu gewinnen und im Stande 
sein, den Inhalt des Rahmens, die unbeweglich darin stillstehenden 
Solidkörper, gleichfalls als etwas Flächenhaftes, oder als eine 
auf eine Fläche projicirte einmalige Erscheinungsform oder Figur 
jener Körper und jenes vertieften Raumes aufzufassen und fest- 
zuhalten. Mit anderen Worten: NVir werden ohne viel Kopf- 
zerbrechen den Inbegriff und das Wesen der malerischen oder 
zeichnerischen Darstellungsweise, in Wirklichkeit verkörpert, vor 
unseren Augen stehen sehen. 
Eben so unwillkürlich, wie wir uns früher mit dem Erkennen- 
wollen der realen Erstreckungs- und Raumverhältnisse der Dinge 
beschäftigten, werden wir uns nun rein mit dem Abschätzen 
und Bestimmen der scheinbaren befassen. Und so komplicirt 
dieselben auch in dem Bild vorhanden sein mögen, an den realen, 
flächenhaften Erstreckungsverhältnissen der Umrahmung be- 
sitzen wir einen höchst einfachen, constanten Maasstab für 
sie alle und messen sie, eines nach dem andern, dafan ab, 
genau so, als lägen sie wirklich mit dem Rahmen in gleicher 
Fläche. Dergestalt sehen wir nun ohne Mühe die verschiedenen 
Grade scheinbarer Verjüngung und Verkürzung der Körper- 
grössen und -Flächen, sowie die Grade des scheinbaren Falles 
oder der Steigung perspektivischer Fluchtlinien mit voller Richtig- 
keit und Klarheit so, wie dieselben bei der vorliegenden be- 
stimmten Stellung der abzuzeichnenden Gegenstände im Raum, 
zum Auge und zur Bildfiäche auf letzterer zum Vorschein kommen 
müssen, was wir früher, in der Vorstellung der uns mehr oder 
weniger bekannten realen Verhältnisse befangen, nur mit halbem 
zeichnerischem Bewusstsein zur Beurtheilung zogen.  Mit 
andren Worten, wir werden nun einmal deutlich gewahr, wie 
eine präcise zeichnerische Vorstellung der Erscheinung von 
jener bloss confusen abweicht, die wir uns beim gewöhnlichen
	        
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