her geläufigen realen Vorstellungen vollkommen zu überwinden
vermögen und mit sinnlicher Deutlichkeit, das Auge unmittelbar
überzeugend vor uns haben, was sonst beim Zeichnen nachdem
Runden dem Anfänger die grössten Schwierigkeiten macht und
wozu Viele Zeit ihres Lebens nicht vollständig gelangen; wir
werden nehmlich durch die dominirenden Flächenelemente der
Umrahniung bestimmt, es über uns zu gewinnen und im Stande
sein, den Inhalt des Rahmens, die unbeweglich darin stillstehenden
Solidkörper, gleichfalls als etwas Flächenhaftes, oder als eine
auf eine Fläche projicirte einmalige Erscheinungsform oder Figur
jener Körper und jenes vertieften Raumes aufzufassen und fest-
zuhalten. Mit anderen Worten: NVir werden ohne viel Kopf-
zerbrechen den Inbegriff und das Wesen der malerischen oder
zeichnerischen Darstellungsweise, in Wirklichkeit verkörpert, vor
unseren Augen stehen sehen.
Eben so unwillkürlich, wie wir uns früher mit dem Erkennen-
wollen der realen Erstreckungs- und Raumverhältnisse der Dinge
beschäftigten, werden wir uns nun rein mit dem Abschätzen
und Bestimmen der scheinbaren befassen. Und so komplicirt
dieselben auch in dem Bild vorhanden sein mögen, an den realen,
flächenhaften Erstreckungsverhältnissen der Umrahmung be-
sitzen wir einen höchst einfachen, constanten Maasstab für
sie alle und messen sie, eines nach dem andern, dafan ab,
genau so, als lägen sie wirklich mit dem Rahmen in gleicher
Fläche. Dergestalt sehen wir nun ohne Mühe die verschiedenen
Grade scheinbarer Verjüngung und Verkürzung der Körper-
grössen und -Flächen, sowie die Grade des scheinbaren Falles
oder der Steigung perspektivischer Fluchtlinien mit voller Richtig-
keit und Klarheit so, wie dieselben bei der vorliegenden be-
stimmten Stellung der abzuzeichnenden Gegenstände im Raum,
zum Auge und zur Bildfiäche auf letzterer zum Vorschein kommen
müssen, was wir früher, in der Vorstellung der uns mehr oder
weniger bekannten realen Verhältnisse befangen, nur mit halbem
zeichnerischem Bewusstsein zur Beurtheilung zogen. Mit
andren Worten, wir werden nun einmal deutlich gewahr, wie
eine präcise zeichnerische Vorstellung der Erscheinung von
jener bloss confusen abweicht, die wir uns beim gewöhnlichen