Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

einigten Blick beider Augen verbirgt der Körper K nichts 
von der ganzen hinter ihm befindlichen Wandfläche und desshalb 
erkennen wir sein vollständiges 
Fig" 1' Freistehen. Steht aber K in der 
C (l ß f Fläche c-f selber, z. B. in d-e, 
X wie im Gemalten doch thatsächlich 
 der Fall sein wird, so muss dies 
( Stück d-e von ihm gedeckt sein 
i und kann weder beim Sehen mit 
einem, noch mit beiden Augen 
75 sichtbar werden. 
Lionardo schränkt daher den 
Satz, die Malerei gebe der Fläche 
den Anschein der Körperhaftigkeit, 
dahin ein, dass er ihr Werk einer 
Räumlichkeit vergleicht, die mit 
w b   
nur einem Auge angesehen wird, 
in welchem Falle dann (siehe F ig. 1) der Effekt des F reistehens 
der Körper nicht mehr vollkommen drastisch zu Stande kommt. 
Dass die durch das Auge von der Aussenwelt gewonnenen 
Eindrücke sich nicht sowohl nach der realen Art, Kraft oder 
Grösse des Wahrgenommenen an sich bestimmen, als durch 
Vergleichung mit Andrem, oder nach Verhältnissen, in welchen 
die verschiedenen Wahrnehmungen zu einander stehen, ermög- 
lichtes überhaupt der Malerei, Eindrücke der Wirklichkeit nach- 
zuahmen. Sie gibt nicht die reale Grösse oder Kraft, sondern 
bloss wahrgenommene Grössen- und Kraftverhältnisse der Er- 
scheinungen wieder und erreicht ihr Ziel, auch wenn sie dieselben 
auf verminderter Scala darstellt. Diese Anwendung und Ver_ 
folgung eines Satzes antiker Philosophie machen einen wesent-_ 
lichen Theil der kunsttheoretischen Abhandlungen AlbertPs und 
Lionardds aus. So erzählt Alberti im Buch von der Malerei 
dem Plinius nach, der Maler Timantes habe auf kleiner Tafel 
die Riesengrösse des Polyphem aufs Drastischste ausgedrückt, 
indem er des Schlafenden Daumen durch zwei winzige Satyre 
mit einem Thyrsusstab ausmessen liess. Und in ähnlicher Weise 
könnten Verhältnisse jeglicher Art, sprechend wiedergegeben,
	        
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