Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

Malern ist kein Einziger in den zu seiner Zeit in Gebrauch 
stehenden technischen Mitteln nur mangelhaft erfahren gewesen, 
aber Mancher hat an der Hand von ihm im Bereich der Technik 
gemachter Erfindungen dem Naturstudium seiner Zeitgenossen 
Gebiete der Erscheinung, die man bis dahin nur unsicher und 
schüchtern betreten hatte, vollkommner erschlossen, der Dar- 
stellung andere, ganz neue überhaupt-erst gezeigt und zugänglich 
gemacht. Namentlich gilt dies für die Erfindung des linear- 
perspektivischen Construktionsverfahrens, das die Hemmnisse, 
welche die Absicht auf natürliche Zeichnung runder Körper- 
formen und des vertieften Raumes bis dahin in der F lachen- 
haftigkeit des Malgrundes gefunden hatte, beseitigte, indem es 
sich hiezu gerade dieser selbigen Flächenhaftigkeit bediente. Es 
gilt ferner vornehmlich für van Eyk's neues Verfahren der Oel- 
malerei, dessen eigentlichem Sinn nachzuforschen, Zweck dieser 
Abhandlung ist. Diese beiden Erfindungen haben eine voll- 
kommene Revolution der Malerei bewerkstelligt und dieser Kunst 
die Gebiete natürlicher Erscheinung, sowie die Weisen des male- 
rischen Studiums und Darstellens derselben angewiesen, inner- 
halb deren sie sich auch heute noch bewegen muss. 
Das Erste, wodurch wir einen Körper und seine Theile 
von andern umgebenden Körpern unterscheiden, ist seine Gestalt, 
oder die äusserste ihn umschreibende Gränze. Diese Gränze 
auf der Bildfläche  dem technischen Vehikel der Malerei  
entsprechend nachzuahmen oder zu "zeichnen", wie der ver- 
mittelnde Lichtstrahl sie vom wirklichen Körper in unser Auge 
trägt, lehrte der Malerei das linearperspektivische Construktions- 
verfahren. Nachdem die Maler so unter Beihilfe eines Theiles 
ihres eigenen Darstellungsrnateriales, der Malfläche, die Figur 
aller Dinge in jeder Wendung und Ansicht besser bestimmen 
und verstehen gelernt hatten, wandte sich ihr Studium mit ge- 
steigerter Lebendigkeit auch auf weitere zu diesem Verständniss 
und zu grösserer Natürlichkeit der Zeichnung dienende Dinge, 
wie auf das Wachsthum und die organische Gliederung, die 
Maassverhältnisse und Bewegungsgesetze der natürlichen Körper. 
Aber diese Perspektivelehre eröffnete den damaligen Gebildeten 
überhaupt die ersten deutlicheren Einblicke in die Gesetze der
	        
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