züge. NVo sich höchste Schönheit und Leistungskraft des Ma-
teriales zur Schilderung entsprechender Naturerscheinungen als
treffend verwendbar erweisen, da wird in bildender Kunst gewiss
das höchste Ziel des Bestrebens nach Natürlichkeit liegen.
Dagegen führt jenes Studium auch zur Erkenntniss der absoluten
Schwächen des Materiales. Wo sich diese der Absicht auf
Natürlichkeit der Darstellung durchaus widersetzen und sich
nicht einmal verbergen lassen würden, so dass das Material über
seine Unzulänglichkeit zum natürlichen Ausdruck hinaus und
neben solcher Verfehlung der Absicht auch noch plumpe und
hässliche Eigenschaften hervorkehren müsste, die lediglich ihm
selber, als Stoff, anhaften, da wird künstlerische Vernunft dem
Versuch der Darstellung des betreffenden Falles von Natur-
erscheinung lieber entsagen. Denn, wäre dieser an sich auch
noch so reizvoll und zur Darstellung verlockend, das Kunstwerk
würde schliesslich doch nur auf Verstümmelung dieser Schönheit
hinauslaufen, wir würden ihm seine Hässlichkeit nicht etwa aus
Rücksicht auf die verfolgte gute Absicht nachsehen, sondern
vielmehr Gott danken, dass die Naturerscheinung nicht in Wirk-
lichkeit so beschaffen sei, wie dies künstlerische Attentat ihrer
naturalistischen Nachbildung. NVeit eher noch, als ein solcher
unnatürlicher Ueberschuss an rein subjektiver Hässlichkeit der
Malerei, wird uns ein gleichfalls nicht zur Natürlichkeit der Dar-
Stellung erforderlicher Ueberschuss an subjektiver Zierlichkeit
des Materiales verzeihlich erscheinen, der uns, wie z. B. in gar
manchen der altitalienischen Temperatafeln, oder bei nicht
wenigen Bildern der kleinen und grossen Niederländer des
I7. Jahrhunderts der Fall, den Meister immer_noch im Licht
eines liebenswürdig auf Wohlanständigkeit seiner Kunst Be-
dachten zeigt.
Bei den grössten Malern des 15. und I7. Jahrhunderts
jedoch stehen die aufgewandten Darstellungsrnittel stets in Har-
monie mit der Wahl des Naturobjektes. Vollkommenere Be-
herrschung und einsichtigere Ausbeutung der technischen Mittel
zum Zweck treffender Wiedergabe natürlicher Erscheinungen,
als bei ihnen, ist schwer denkbar, desgleichen ist dem Material
nie zugemuthet, was es nicht hätte leisten können. Von diesen
IFF