Capitel
Künstlerische
Absichten der Malerei und ihr
zu den Darstellungsmitteln.
Verhältniss
Einleitung.
Indem das Licht die dunklen Körper bestrahlt, erleidet es
Wirkungen derselben, die es dann unserem Auge in verkleinertem
Maasstabe zuführt. Bei diesem Vorgang objektiver Lichtstrah-
lung wird unsere Sehkraft mit ihrer besonderen Einrichtung in
subjektiver Weise mitthätig und es kommt so in ihr ein Bild
zu Stande, das wir kurzweg die äussere Erscheinung der wirk-
lichen Dinge nennen, wissend, dass seine erste Ursache eben
diejenigen äusseren Erscheinungseigenschaften der Dinge sind,
deren Wirkungen der Lichtstrahl empfängt und uns zufuhrt.
Aehnliche Bilder will auch die Malerei durch den Lichtstrahl
zum Auge senden. Aber sie wendet bei diesem Werk tech-
nische Stoffe und Mittel an, welchen viele der Eigenschaften
abgehen, mit denen die nachzuahmenden wirklichen Dinge auf
das Licht wirken. Um dies einigermassen zu ersetzen, erfindet
sie künstliche Behandlungsweisen und sucht damit Eigen-
schaften in ihrem Material hervorzuheben oder hervorzurufen,
mittelst deren dasselbe im Lichtstrahl und durch diesen im Auge
einen möglichst ähnlichen Schein von Wirkung hervorbringen
kann, wie jene ihm von Natur fehlenden Eigenschaften der wirk-
lichen Dinge. Wo sie aber in ihrem Material Eigenschaften
vorfindet, die mit solchen der nachzuahmenclen Dinge überein-
stimmen oder grosse Aehnlichkeit haben, da wird sie derselben
Ludwig, Oelmalerei. 1