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So ist es z. B. ein uralter Gebrauch, fleischfarbige Model-
lirungen mit Grün oder Blaugrün zu unterlegen, dem Ultra-
marinblau, um ihm grosse Dunkelheit zu verleihen, eine braune
Untermalung zu geben, transparentem Grün zu demselben Zweck
eine dunkelrothe und, umgekehrt, transparentem Roth eine
dunkelgrüne, gelbe Gewänder auf violette Untertuschungen zu
malen, für Baumgrün violetgraue oder röthlichgraue Malgründe
zu Wählen, theils, um es angenehm in's Graue zu brechen, theils,
um in ihm grosse Schattentiefen zu erzeugen.
Oder wir neutralisiren zu brillant und farbig gewordene
Halbtöne einer Carnation, oder rother Stoffe mit einer darüber
gelegten grünlichen Zartlasur, schattircn "ähnlicher Weise Grün
mit Rothlasur ab, u. s. w. Endlich benützen wir auch alle diese
Gegensätze zu ähnlichen Zwecken in Mischungen aus Pig-
mentmengung.
Es liesse sich also hierauf, als Principgauch ein ganzes coloris-
tisches Arbeitsverfahren gründen, indem manisogleich von Anfang
her eine jede im Bilde vorkommende Localfarbe mit ihrer sie
zu Grau oder Schwarz auslöschenden Gegenfarbe unterlegte.
Doch möchte dieses wohl nur dann praktisch durchführbar sein,
wenn das F arbenproblem des Bildes auf eine geringe Zahl von
Localfarben beschränkt bliebe. Denkt man es sich hingegen
auf grosse, reiche Compositionen angewandt, z. B. auf die Dar-
stellung einer Schlacht, bei der nun alle Gesichter der Kämp-
fenden, deren rothe Uniformstücke und das vergossene Blut
mehr oder weniger grün, der blaue Himmel und die blauen
Waffenröcke vorläufig orangegelb, die grünen Gräser am Boden
roth u. s. w. wären, und malt sich dieses nur in Gedanken ein
wenig aus, so wird man sofort einsehen, dass eine solche Unter-
malung den Maler nicht nur gleich von vornherein an der Klärung,
ja Festhaltung seines inneren Vorstellungsbildes weit eher ver-
,hindern, als fördern, sondern auch im Verlauf des Uebermalens,
wenn auf einzelnen Bildtheilen die richtigen Farben neben jene
durchaus verkehrten zu treten begönnen, sein Urtheil immer
mehr verwirren, wenn nicht schier unmöglich machen müsste.
Dem ist also das Verfahren der-monochrorinen neutralgrauen
Untermalung weit vorzuziehen.