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Man geht mit halbdeckender O pakschicht bis in die Schatten-
tiefen vor, damit hier das Herscheinen der Aufzeichnung und
ihrer Schraffirung unmöglich gemacht werde. Die höchsten
Lichtstellen werden mit reinem Weiss oder mit Lichtfarbe auf-
gesetzt. Die halbdeckenden Uebergangstöne können natürlich
kein solches Grau zeigen, wie auf grauer Untermalung, da sie
alle auf Unterlagen erzeugt sind, deren Farbe nur eine dunklere
(transparente) Nüance ihrer eignen helleren Farbe ist Es wird
also Alles eminent farbig und hell.
Die grauen Halbtöne müssen nach dem Trocknen der
localfarbigen Lichthöhung an ihren Stellen mit neutralisirenden
Zartlasuren hergestellt werden.
Wiederum nach dem Trocknen wird dann das Ganze mit
localfarbigen Zart- und Kraftlasuren vollendet.
Dem hier geschilderten Verfahren verdanken die grössten
Meisterwerke der älteren Oelrnalerei ihre wunderbare Farben-
pracht. Aber die Betretting des gleichen Wegs möchte nur
Solche zu ähnlichen Zielen führen, die sich an Meisterschaft mit
den Autoren jener Werke messen dürfen.
Soll die hohe Schönfarbigkeit, die der erste localfarbige
Ueberzug aus Lasurschichten auf dem weissen Malgrund be-
kommt, etwas gemildert werden, so giebt man dem Malgrund
nach Fertigung der Aufzeichnung mittelst einer einfarbigen Lasur-
lage einen Ton und trägt nach dem Trocknen die localfarbigen
Lasuren erst hier auf.
So kommt in den Notizen des Lionardo als erste Anlage
(la inprimiera) ein grünlicher Transparentton vor, der über
die auf weissem Oelfarbengrund angefertigte Aufzeichnung zu
streichen sei! Lionardo liebte eher kühle, als glühende Farben-
probleme und beabsichtigte also durch diesen grünlichen Ton
die darüber zu legenden Transparentfarben warmer Richtung
in's Graue zu brechen.
Carel van Mander erzählt, dass manche Meister die auf
weiissem Malgrund sorgfältig ausschattirte Vorzeichnung zunächst
1 Ausgabe
Mollien. Cod.
der Pariser Mss.
A. F01, I, a.
des
Vinci,
Ravaisson-
Charles
VOII