Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

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Bemerkung: Sehr vielen heutigen Malern wird es als eine übertriebene Vor- 
sichtsmassregel erscheinen, dass die beiden einander zu möglichst gutem Neutral- 
schwarz löschenden Mischtöne in genügenden Quantitäten auf Vorrath herge- 
stellt werden sollen, um für die ganze damit zu leistende Arbeit, sei deren 
Dimension auch eine sehr bedeutende, ohne Erneuerung ausreichen zu können. 
Allein es ist bei Ausführung solcher einfarbiger Modellirungen und behufs 
Erzielung eines sehr harmonischen Aussehens derselben eine grosse mechan- 
nische Erleichterung für den Maler, die dazu dienenden Farben immer fehl- 
Ios richtig bei der Hand zu haben. Ist er durch deren fortwährendes Aus- 
gehen zu häufiger Erneuerung genöthigt, oder mischt er sich dieselben gar 
beim Malen fortwährend auf der Palette, so kann es kaum fehlen, dass Un- 
gleichmässigkeiten der Mischungen vorkommen und hierdurch natürlich auch 
die Harmonie des Tones der damit auszuführenden einfarbigen Modellirungen 
Schaden an ihrer Vollkommenheit leidet. Dieses kann hingegen nicht ein- 
treten, wenn man immer nur den nehmlichen Mischton zur Verfügung hat. 
Es ist aber noch weiter dabei zu denken. Die graue Untermalung 
(siehe Tafel III), welche mit Hilfe dieser Töne hergestellt werden soll, ist 
dazu bestimmt, den darauf zu nialenden halb und ganz durchscheinenden 
Farben, hindurchwirkend, zu dem Aussehen, das dieselben an ihren Stellen 
haben sollen, mitzuhelfen. Wir setzen den Fall, es sei bei der farbigen 
Uebermalung etwas missglückt, oder der Maler wolle, wenn er n1it derselben 
schon weit vorgerückt ist, an einer Stelle seines Bildes noch eine Abände- 
rung treffen, durch die Alles besser würde, oder dergleichen. Dann müsste 
an solchen Stellen die graue Untermalung neu hergestellt werden. Da die- 
selbe längst überall unter den darübergelegten Uebermalungs- und Lasur- 
schichten verschwand, so wird ihr Ton mit einer neu anzufertigenden Grau- 
mischung nicht leicht zu treffen sein und wird er verfehlt, so kann bei der 
neu einzusetzenden Stelle leicht unleidliche Disharmonie mit dem Rest und 
für den Werkführer eine endlose Quiilerei und. Flickarbeit entstehen. Hat 
man hingegen die Mischfarben, aus denen die erste Grauuntermalung herge- 
stellt war, vorräthig, so ist ein derartiger Missstand vermieden, und der 
Arbeit auch hier zu glattem und harmonischem Fortgang verholfen. 
XVir werden auf die Nothwencligkeit und Nützlichkeit des Vorräthig- 
haltens nicht nur solcher, sondern überhaupt aller Mischtöne, die im gleichen 
Bilde in grösserer Ausdehnung und öfterer Wiederholung vorkommen sollen, 
noch mehrfach hinweisen. Den früheren Malern war es, von der Fresko- 
und Temperamalerei her, wo die Hauptmischtöne für ein Bild mit der 
grössten Regelmässigkeit auf Vorrath gefertigt werden müssen, auch in 
der Oelmalerei geläufig geworden, und nicht zum Wenigsten diesem die 
Arbeit erleichternden Gebrauch verdanken selbst übrigens geringe Schulbilder 
jener Zeit die ausserordentliche Harmonie des allgemeinen Tones, das richtige, 
einfache Aussehen der localfarbigen Modellirungen, die klare Trennung der 
perspectivischen Pläne, kurz, die derbe, bestimmte und sichere coloristische 
Erscheinung, die sie vor manchem neueren, ihnen in anderen Beziehungen
	        
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