Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

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selten schon bei erster Anlage seiner Bilder bis zur Verfolgung 
des allerfeinsten Details geführt, so dass er dasselbe dann beim 
Weitermalen fast nicht weiter berührte. 
Sinkt die Kunst bei Individuen oder ganzen Generationen 
von einer erreichten Höhe herab und tritt nun an die Stelle 
eines sorgfältigen Naturgefühles und F leisses schnellfertige Bra- 
vour und Manier, so giebt sich dies natürlich vor Allem auch 
in der Eile und Unordnung der ersten Aufzeichnung kund. 
Dann wird hier die Form nicht mehr bescheidentlich und getreu 
mit wohlüberlegten Umrisslinien aufgesucht, sondern es erscheint 
dieses wie Pedanterie und Zeitverlust. Die Formen werden in 
der Vorzeichnung nur flüchtig angedeutet mit flotten, oft recht 
sehr in's Blaue hinein geführten Zügen und an gar mancher 
Stelle der Figur bleibt es vorläufig zweifelhaft, welche von diesen 
in Hast mehrmals wiederholten Versuchslinien denn eigentlich 
den am rechten Fleck sitzenden Umriss vorstellen solle. Jener 
feine Begriff des körperlosen Contours kam abhanden, aber 
selbstbewusste Manier spricht ihr vermeintliches Können in 
renommistischen Gefühlsdruckern aus. Mit grober, schwarzer 
Schraffirung sieht man hie und da Schatten angedeutet, aber 
nur so, um das Auge zu beschäftigen und aufs Geradewohl 
hin; denn wie könnten denn da Schatten am richtigen Ort 
sitzen, wo die Form, die sie trägt, selber noch keinen sicheren 
und richtigen Abschluss hat? 
Derartige Aufzeichnungen sind Wenig geeignet, dem Auge 
und der Oelfarbenteclinik zu gedeihlicher Weiterführung der 
Arbeit Dienste zu leisten und man hüte sich, sie zum Muster 
zu nehmen, oder die in ihnen sich ausprägende Eile und Un- 
geduld mit Meisterschaft und Genialität zu verwechseln. Es 
Wird nicht nur die geringe Zeit verloren sein, die man ihrer 
hastigen Anfertigung gönnte, sondern später wird man deren 
noch weit mehr verlieren. Denn, wenn nun das Malen mit 
Farbe beginnt und das Colorit anfängt, einen Theil der Auf- 
merksamkeit in Anspruch zu nehmen, so wird man sehr un- 
gelegener Weise genöthigt sein, jetzt, mit Hilfe der Färbung 
die Verfehltlieit der Vorzeichnung zu corrigiren. Um aber deren 
grobe Striche und zur Sache nicht gehörige, sinnlose Flecken
	        
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