Volltext: Die optischen Besonderheiten der Oelmalerei (Theil 1)

Oelmalerei hingegen verfügt nicht bloss über dieselben quali- 
tativ helleren und dunkleren Pigmente, wie die Wasserfarben- 
malerei, sondern sie benützt überdem ihre dichten, Licht- 
quantität auf der Oberfläche auffangenden Reflectoren 
zur Darstellung der Lichtmenge tragenden, beleuchteten 
Körperflächen und ihre durchscheinenden, der Oberfläche 
Lichtquantität entziehenden Absorbenten zu derjenigen 
der beschatteten, d. h. von nur verminderter Beleuch- 
tungsmenge getroffenen Körperflächen. 
Also wird sie den Unterschied wirklicher Lichter und 
Schatten, indem sie den natürlichen Thatbestand gewissermaassen 
nachahmt, drastischer und naturähnlicher vorstellen, als Wasser- 
farbenmalerei es jemals vermag. Und da sie, wie wir vorher 
sahen, aus demselben Grund des besser ausgeprägten Unter- 
schiedes ihrer Deck- und Transparentfarben zudem über einen 
grössern Lichtumfang verfügt, so vermag sie auch weit umfang- 
reichere Beleuchtungseffekte der Natur in's Bereich ihrer Dar- 
stellungsprobleme zu ziehen und glücklicher zu bewältigen. In 
der That zeigt ein Blick auf die Malerwerke des I 5. Jahrhunderts, 
dass das Bestreben, gemalten Gegenständen durch Licht- und 
Schattenmodellirung Relief und den Anschein wirklicher Run- 
dung und des F reistehens im Raum zu geben, erst zu vollem 
Bewusstsein und rechter freier Entwickelung kam, nachdem 
van Eyck in den Oel- und Firnissfarben das Material erkannt 
hatte, in dem deckende Lichtreflectoren und transparente Licht- 
absorbenten sich energisch und klar auseinanderhalten lassen, 
und nachdem er rnit unvergleichlicher künstlerischer F einsinnig- 
keit und Consequenz die Weise des technischen Verfahrens 
und der Führung der coloristischen Arbeit ersonnen und aus- 
gebildetl, nach welcher dieselben als Repräsentanten von Licht 
und Schatten wirkungsvoll an ihren Platzgestellt werden. 
Vorher, so lange die Wasserfarbenmalerei allein herrschte, 
wurden die gemalten Figuren zwar auch mit Lichtern und 
1 Ijordine del suo colorire ad olio z "die Ordnung und Reihenfolge 
seines Farbengebens in Oel" nannte es Yasari in der "Vita di Antonello da. 
Messina."
	        
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