Eiweifsfirnis.
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erfordern lange Zeit zum Trocknen, besonders wenn sie rein und
als Lasur ohne Beimischung einer anderen trocknenden Farbe ge-
braucht worden sind. Selbst wenn sie blofs mit Firnis oder
Trockenöl gebraucht sind, wodurch sie aber nachdunkeln, so wird
doch nur die Haut, die sich auf der Farbe bildet, schnell trocken,
zumal wenn sie dicker aufgetragen sind. Je schneller sich diese
Haut bildet, desto mehr verhindert sie das unter der Haut be-
iindliche Öl trocknen zu können und bleibt die Farbe unter jener
oft sehr lange Zeit beweglich.
Man darf also mit dem Auftragen des Eiweifs nicht zu
schnell bei der Hand sein, sonst können sich unangenehme Fol-
gen bemerklich machen. Die Farbe berstet und reifst wohl dann
überall auseinander, denn oben wird sie durch das Eiweifs stark
zusammengezogen, unten auf der Leinwand aber ist sie noch be-
weglich.
Aufserdem mufs stark betont werden, dafs man diesen Hülfs-
firnis, das Eiweifs, ausschliefslich braucht, um das Gemälde besser
betrachten, beurteilen und von Anderen beurteilen lassen zu können,
wenn es noch nicht hinlänglich trocken ist, um einen wirklichen
Firnis darüber zu ziehen. Eigentlich würde es besser sein, es
einfach ohne Eiweifs lange genug an der freien Luft hierzu trocknen
zu lassen.
Ein fertiges Gemälde ist aber stellenweis, sehr eingeschlagen
und an anderen Orten hat es glänzende Stellen, so dal's es un-
möglich ist, eine richtige Vorstellung davon zu erhalten, wenn
man nicht alle diese Flecke und Ungleichheiten durch einen
Firnis beseitigt, der sich leicht abnehmen und erneuern lälst,
ohne dem weiteren Austrocknen des Gemäldes hinderlich zu
sein.
Man behauptet, das Eiweifs besohleunige sogar das Trocknen
des Gemäldes mehr als dafs es dasselbe verhindere. Dies lafst
sich indefs nicht mit GewiIsheit behaupten; allein wenn man sich
mit der Anwendung desselben nicht zu sehr übereilt und das Ge-
mälde vorher gut abgewaschen ist, kann man sicher sein, dal's es
der Malerei wenigstens nicht schadet.