Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

Schilderungen 
der 
Schweiz. 
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Betrachtet einmal diese kahlen Felsen, wie ihre scharfen 
und gekrümmten Spitzen ungeheuer drohenden Zähnen ähnlich 
sind 1). Vergebens sucht man hier eine Spur von Vegetation; 
alles ist tot: Eis und Schnee schmelzen fast nie; sie haben diese 
Stelle an sich gerissen, und die auf dem verwünschten Felsen zer- 
störte Vegetation lindet nirgends eine Stätte, wo sie sich Wieder 
erholen könnte; oder wenn man ja hie und da auf einer isolier- 
ten Stelle einen blassen Schimmer derselben bemerkt, so ist 
dieses nur in Löchern oder höhlenartigen Spalten der Felsen, in 
welchen die Reste und der Staub einiger alten durch Orkane 
über einander gestürtzten Bäume mit der Zeit eine Art von Damm- 
erde bilden, deren weniges Moos und Gras kaum Nahrung zu 
finden scheint.  
Ein ewiges Stillschweigen würde auf diesen Felsen herrschen, 
wenn es nicht durch das Brausen der Winde, durch das Rollen 
des Donners und durch das schreckliche Getöse der Lawinen oder 
der Felsstücke unterbrochen Würde, welche, indem sie sich plötz- 
lich von der Höhe der Berge losreifsen, rollen, springen und ab- 
wärts stürzen bis in den Grund der Thaler. Vielfaches Echo 
rings umher erneuert und trägt das Getöse fast ununterbrochen 
viele Meilen weit in die Runde. Der neugierige Reisende, welcher 
kommt, diese Gegenden zu erforschen, sieht erschreckt und be- 
sorgt auf seinen Führer. Schweigend und in Sorge, 0b nicht alles, 
was ihn umgiebt, unter seinen Füfsen in den Abgrund stürzen 
könne, steht er da. Dieser aber giebt ihm, indem er ihn darauf 
aufmerksam macht, dal's trotz dieser Umwälzungen, die sich vielc 
Jahrhunderte hindurch unaufhörlich erneuern, nichts seine Stelle 
noch Ansicht verändert hat, seine Zuversicht wieder. 
Hier ist alles so grofs, so ungeheuer, dal's einzelne Verände- 
rungen kaum bemerkt werden. Indessen beeilt man sich, auf 
schroffen und rauhen Fufsstegen eine weniger herbe und weniger 
wilde Natur wieder zu erreichen und endlich gelangt man nach 
1) Diese scharfen Spitzen nennt man bald Spitzen, bald Zähn e, wenn 
sie Bach, krumm und zurückgebogen sind, wie die Zähne der Heischfressendexl 
Tiere. Man sieht deren, welche mehrere hundert Fufs Höhe haben. 
Bouvier-Ehrhardt, Ölmalerei. G. Aufl. 2].
	        
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