Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

Die 
Charakteristik 
der Landschaft. 
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Stellung vom Schönen angemessen, wie diese sich ausgebildet hat. 
Allein es ist immer doch ein Vorteil, dal's der Blick sich erweitert 
hat und das Schöne nicht n1ehr an gewisse Linien, Formen und 
Erscheinungen gebunden empünrlet, sondern es in dem Eigentüm- 
lichen und Charakteristischen eben so gut und vollkommen wieder- 
linclet, selbst wenn dies sich in Formen zeigt, die jenen über- 
kommenen zu widerstreben scheinen. 
Um so notwendiger stellt sich dann heraus, dal's diese Eigen- 
tümlichkeiten lebendig empfunden, genau studiert und verständig 
ausgewählt sind.  Schon nach den Tages- und Jahreszeiten 
Wechselt der Eindruck, den eine Landschaft macht. Sie hat aber 
an und für sich durch ihre Formation und Vegetation, durch die 
Art wie sie bebaut und bevölkert ist bereits ihren eigenen Cha- 
rakter, der aufser den angegebenen Ursachen noch durch die 
geographische Lage und das Klima mit bestimmt wird. Alle diese 
verschiedenen Momente müssen in harmonischer Vereinigung zu- 
gleich zur Erscheinung kommen und werden das auelrganz von 
selbst, so wie ein begabter Künstler von dem Eindruck irgend einer 
Natur, einer bestimmten Landschaft, einer besonderen Naturer- 
scheinung, erfüllt und zum Schaffen angeregt ist. Um dies zur Aus- 
führung zu bringen, mufs er alles dazu gehörige im ganzen und 
im einzelnen genau studiert haben, damit kein einzelner Teil 
seines Bildes dem Charakter" und Eindruck des Ganzen widerspreche 
und diesen dadurch beeinträohtige. Dies alles um so mehr, je 
mehr nur die Eigenartigkeit der Landschaft den Künstler zum 
Schaffen angeregt hat. 
In den verschiedensten und entlegensten Ländern giebt es 
immer doch viel Gleichartiges in den Erscheinungen am Himmel 
und auf Erden. Die feuchten Ebenen der Niederungen in der 
Nahe des nordischen Meeres haben eben so gut ihre trockenen 
Tage und dürren Zeiten, wie die dürren Steppen der Hochebenen 
ihre nassen. Der Silberton der Luft des Nordens breitet oft 
seinen Glanz über südliche Landschaften, während die Abend- 
sonne mit ihrem purpurnen Gold auch die nackten Felsen, ja selbst 
die Eisblöcke des Nordens überzieht. Aber bei solchen gleich- 
artigen, allgemeinen Zustanden darf doch niemals das Eigentüm- 
liche und Charakteristische einer jeden Gegend zu sehr in den
	        
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