Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

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Fünfzehnter Abschnitt. 
Landschaftsmalerei. 
Die 
Kenntnis derselben, die heutzutage so Weit verbreitet sind, 
haben auch der Darstellung derselben ein erhöhtes Interesse und 
gröfseres Verständnis gebracht und das „wo du es packst, da 
ist's interessant" gilt jetzt nicht mehr allein für das Menschen- 
leben, sondern ebenso lebendig empfunden für die Natur aufser- 
halb des Menschen. Diese genauere Kenntnis der Natur macht 
in unserer Zeit eine Landschaftsmalerei unmöglich, in der Bäume 
oder andere Teile durch irgend eine angelernte Art und Weise 
nur als etwas Allgemeines, Generelles, ohne Individualität darge- 
stellt wären. Heut ist uns Bedürfnis, da wir das alles mehr oder 
weniger zu sehen gelernt haben, den ganz individuellen Charakter 
aller in der Landschaft vorkommender Gegenstände, zumal der 
Bäume, Sträucher und Kräuter, sie seien auch noch so leicht 
und flüchtig angegeben, doch im Gemälde ihrer Eigentümlichkeit 
nach wieder zu erkennen: Eben so aber auch des Erdreichs, der 
Felsen , und aller übrigen in der Landschaft vorkommenden 
Gegenstände. Und dies alles umgeben von derselben Luft und 
den dadurch bezeichneten Witterungsverhältnissen klar und 
deutlich dargestellt. Dann kann der einzelne nach seiner persön- 
lichen Eigentümlichkeit davon zur Erscheinung bringen, wie er es 
vermag und will. Der eine die Schönheit durch strenge und 
feste Form, der andere durch charakteristisches Leben derselben, 
durch den mannigfaltigsten Zauber der Beleuchtung, durch den 
flüchtigen Reiz des vorübereilenden Effektes,  was davon und wie 
er es am lebendigsten empfindet und am liebsten geben möchte, 
sei es mit sorgfältigster Ausführung des Einzelnen oder nur des 
oberflächlichen aber doch naturähnlichen Scheins. 
Die Eigentümlichkeit des Landschaftsmalers kann und soll 
sich sowohl in der Wahl der Gegenstände, wie auch in der Wahl 
der künstlerischen Ausdrucksmittel, also der charakteristischen 
und schönen Wiedergabe der Formen und der charakteristischen 
und malerischen Wiedergabe der Farbe und Wirkung frei bewegen. 
Der Landschaftsmaler ist aber doch jedenfalls ganz besonders auf 
die genaue Beobachtung der Konsequenz desselben Zustandes der 
Atmosphäre und derselben damit zusammenhängenden Beleuchtung 
hingewiesen. Viel mehr und ausschliefslicher als der Historien- 
und Genremaler. Denn jene Dinge gerade geben in der Land-
	        
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