Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

Bemerkungen über Landschaftsmalerei. 
Allgemeine 
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Lorrain, Poussin, Ruisdael, Hobbema, Berghem, van 
der Neer_ u. a. m. haben bei ihren Landschaften wesentlich 
entweder die Schönheit der Natur, einzelner Effekte oder des 
vollendet harmonischen Bildes als Endziele ihres Strebens vor 
Augen gehabt. Jetzt aber sind in die Landschaft durch jene 
Ausbildung der Einwirkungen des Lichtes und der Luft in so fern 
wenigstens neue Elemente hinzugekommen, als die Feinheit des 
Tons nun nicht allein dazu dient, das schöne und harmonische 
Kunstwerk herzustellen, sondern sie ist auch ein ganz besonderes 
Ausdrucksmittel für die menschlichen Empfindungen und Stimmun- 
gen geworden. Auf der anderen Seite aber hat dadurch die 
Nachahmung der Natur eine so vollständig naturgetreue und reale 
werden können, oftmals so wie wenn sie nicht mehr eine Kunst 
sein sollte, sondern mit der Natur einen Wettstreit beginnen 
wollte, weil dies Verständnis der Erscheinungen der Natur durch 
die Wissenschaft eine so viel genaueres und allgemein verbreitetes 
geworden ist. So geht denn jetzt das Gebiet der Landschaft von 
der Portraitdarstellung einer Gegend mit fast wissenschaftlich 
genauer Nachahmung der einzelnen Bestandteile derselben an, bis 
zur Wieclerspiegelung der subjektivsten Stimmung eines Künstlers, 
dem aufser der hierfür notwendigen Zusammenstellung seiner Töne 
alles Übrige nebensächlich ist. Von der festen und sicheren 
Darstellung der schönen Form und Linie in der Landschaft bis 
zu der ganz aufserlichen aber doch naturgetreuen Nachahmung 
eines momentanen Effektes.  Die ganze lange Reihe der Dar- 
Stellungen, die zwischen diesen Endpunkten liegt, ist ganz und 
vollkommen von der Landschaftsmalerei in Besitz genommen. 
Einerseits hat wohl die vollständige Ausbildung der Ölmalerei, 
wie bereits bemerkt worden ist, zu dieser Entfaltung wesentlich 
beigetragen, indem durch diese dem Künstler ein Material geboten 
wurde, durch welches e1' die feinsten Unterschiede des Tons her- 
stellen konnte, da die trockene Farbe genau eben so aussieht 
als die nafse, was bekanntlich bei allen übrigen Arten der Malerei 
nicht der Fall ist. Andererseits ist auch die allgemeine, geistige 
Strömung unserer Zeit durch den Aufschwung, welchen die Natur- 
wissenschaften genommen haben, dieser Entfaltung überaus gün- 
stig gewesen. Das tiefere Eindringen in die Natur und die genauere
	        
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