Hatternden, von
Von
der Luft bewegten
Gewändern.
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ist es übrigens meistenteils nicht passend, fliegende Gewänder an-
zubringen. Nichts desto weniger kann auch bei einem Portrait
in ganzer Figur gelegentlich ein weniges von Bewegungen der Ge-
wandung und in sehr bescheidener Weise mit gutem Erfolg einge-
wendet werden. Allein es mufs dies mit Geschmack gemacht sein
lind überhaupt natürlich und angenehm erscheinen. Auch so be-
wegt stellt man nur ganz dünne Stoffe (lar, sonst müfste statt
einer leisen Bewegung der Luft ein Sturnnvind angenommen wer-
den und dann auch alles in dem Gemälde mit dieser Vorstellung
übereinstimmen. Die Haare sowie leichte Nebenwerke miifsten
in [Tnordnung umherflattern und wenn der Hintergrund eine
Landschaft vorstellt, so müfsten Baume und Wolken die Starke
des Windes andeuten. Eine solche Darstellung, so malerisch sie
auch sein kann, würde immer nur für Portraits von Kriegern,
Helden, Seeleuten geeignet sein, oder auch noch für das Portrait
eines Geologen oder Naturforschers, der mit der Natur vertraut
und gewohnt ist mit ihr zu verkehren, welches Antlitz sie ihm
auch zuwende.
iFür historische und Genrebilder, in welchen alles erlaubt ist,
aufser was der Wahrheit und Schönheit zuwider wäre, lassen sich
Studien für fliegende Gewänder vielleicht am besten in folgender
Weise machen. Man legt einen Mannequin in der Bewegung,
Welche die betreffende Figur haben soll, auf eine ziemlich hori-
zontale Flache und dann das nasse Gewand mit den Faltenzügen,
wie man sie beabsichtigt, über den Mannequin. Die Endigungen
des Gewandes kann man auf der Flache mit Geschick ordnen,
wie man auch auf solcher Flache die Ziige und Linien eines
Schleiers oder {iatternden Tuches mit einigem Geschick sich ge-
nügend gilt legen kann. Nicht zur vollständigen Nachahmung aus-
reichend, aber doch als Beihülfe. Man hat hierbei zu beachten, dafs
eine solche fast liegende Figur anders gegen das Licht zu stellen ist,
als die aufrecht stehende, um dieselbe Beleuchtung zu erlangen, meist
mehr so, als ob man sie liegend mehr von oben (vom Kopf) her be--
leuchten wolle. Aber auch der Benutzung dieses Hiilfsmittel mufs das
Studium der Natur vorausgehen, welches allein uns in den Stand
setzt, das durch dieses Hülfsmittel Dargebotene gut zu-verwerten.