Vom
Gliedermann
und
V01]
der
Kunst
ihn
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bekleiden.
Um Kleider und Gewänder gut studieren und nachbilden zu
können, bedient man sich eines Gliedermanns. Jedermann
weil's, dafs der Gliedermann eine grofse Puppe ist, entweder ganz
von Holz, oder von Holz mit metallenen Charnieren bei allen Ge-
lenken der Knochen, und wegen der Muskeln und des Fleisches
kunstreich gepolstert, um alle Formen und Proportionen einer
männlichen Figur, einer Frau oder eines Kindes nachzuahmen.
Einen solchen Gliedermann mit einer Bekleidung so zu ordnen,
dal's dies gut aussieht und die Figur der Person, die gemalt werden
soll, dabei deutlich zur Erscheinung kommt, ist keine leichte Kunst,
erfordert viel Kenntnis, Geschmack und Geduld. Oft mufs man
einen ganzen Tag darauf verwenden und ist doch nicht davon
befriedigt.
Bei der Bekleidung des Gliedermannes ist das erste wichtigste
aber schwierige Erfordernis, demselben unter der Kleidung die
Stellung, natürliche Haltung und fliefsende Bewegung der lebenden
Natur zu geben. Eine Puppe, so gut sie auch gemacht ist, hat
etwas Ungestaltetes, und man mufs schon ein sehr gutes Ver-
ständnis dessen, was notwendig zur Darstellung ist, haben, wenn
man sich derselben mit gutem Erfolg bedienen will. Unerlafslich
aber ist auch dann immer, dal's die Bewegung und Proportionen
der Figur schon vorher nach dem Modell richtig und gut gezeich-
net sind. Dies darf niemals verabsaumt werden und man darf
sich in dieser Beziehung nicht auf den Gebrauch des Gliedermanns
verlassen wollen, sonst wird die Figur hölzern und hat weder
Leben noch Anmut.
Der Gliedermann dient nur dazu, um die ein-
zelnen Falten, die Art und Wirkung des Stoffs
und der ganzen Figur in der gewählten Beleuch-
tung in jeder Beziehung, Zeichnung, Farbe, Hal-
tung studieren und genau nachahmen zu können.
Es ist daher nötig, ihn so viel als möglich in die wirkliche
Stellung des Modells zu versetzen, damit die Falten der Bewegung
der Glieder folgen. Ist aber auch dies alles geschehen, so darf