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Vierzehnter Abschnitt.
Gewandung.
der Kleidung und
Von
der Antuschung zu berücksichtigen. Eine solche Anlage lafst dem
Maler alle Freiheit für die Übermalung, trocknet bald und hat
doch schon einen Anhalt für Form, Haltung und Wirkung ge-
geben. Zu schwer trocknenden Farben hat man selbstverständlich
Trockenfirnis zugesetzt und kann ihn, wenn sehr schnelles Trock-
nen besonders erwünscht ist, bei so dünner Malerei auch zu allen
andern Farben hinzunehmen.
Für die Übermalung ist anzuraten, sich eine Palette auf-
zusetzen, d. h. eine zusammengehörige Reihe von Tönen, die
nach der Natur gemischt, sich je nach Art des Stoffes und der
Farbe anders zu einander verhalten werden. Der Anfänger soll
dies immer, der Künstler jedenfalls dann thun, wenn das Gewand
grössere Dimensionen hat. Hierfür ist wenigstens zu mischen:
1) Ein hellster Lichtton, 2) der Lokalton (dieser immer zuerst),
3) ein Übergangston und 4) ein Schattenton. Ratsam ist, zwischen
2) und 3) noch einen Halbton mehr, der aber entschieden noch
zur Lichtmasse gehören mufs.
Bei nicht glatten, glänzenden, namentlich wollenen Stoffen
von milder Farbe sind die Töne leicht aus Mischungen der dun-
keln Farben mitWeiIs oder einer lichten deckenden Farbe herzu-
stellen. Die Lichttöne werden immer die farbigsten sein, oft
bei Wollenstolifen wenigstens etwas wärmer gefärbt erscheinen.
Der Übergangston stets kälter (bläiulicher), der Schattenton war-
mer, farbloser, um nicht zu sagen schwärzlicher, bräunlicher
dagegen bei dunkeln Farben. Die Schattenmassen eines Kleides
sind immer von Gegenständen der Umgebung durch mehr oder
weniger schwache Reflexe, meist in warmen Tönen modiiiciert und
diese Reflexe beünden sich immer auf den dem Licht entgegen-
gesetzten Flächen. Wie hell immer, sie gehören zur Schatten-
masse und sind milder und gebrochener im Ton, als- das Licht.
Indessen giebt es Falle, wo Stoffe, besonders seidene, ziemlich
brillante Reflexe haben und zwar, wenn eine helle Partie ihr
Licht auf eine andere, nahe Schattenpartie, zurüekwirft. Es ist
in diesem Falle der Ton dieses Reflexes weniger durch Heilig;
keit, sondern mehr durch seine Farbe hervorzuheben. Z. B. also,
wenn zwei grofse rundliche Falten von roter, rosafarbener, gelber,
blauer, grüner oder irgend einer bestimmten Farbe nahe an ein-