Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

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Vierzehnter Abschnitt. 
Von der Kleidung und Gewandung. 
Stoff zu ordnen hat, so giebt es natürlich eine gröfsere Anzahl 
dünner, schmaler und kleiner Falten. Da müssen dann einige 
derselben zusammengenommen gröfsere Partieen bilden, die 
von kleineren bestimmt geschieden sind , um Mannigfaltigkeit 
und doch Deutlichkeit in die Licht- und Schattenmassen zu 
bringen. 
Diese 
schmalen 
und 
kleinen 
Falten 
sind 
überall 
da 
am 
häu- 
figsten, wo das Zeug geprefst und zusammengedrückt ist, wie an 
dem Gürtel, den Ärmeln etc. Im Gegensatz zu diesen kleinen 
Falten mufs das Auge dann auf grofsen, glatten oder wenigstens 
breiten und fast einfachen Partieen ausruhen können. 
Rat und Belehrung über schöne Anordnung der Gewänder 
wird man sich am besten durch das Studium der Werke der 
grofsen Meister der Renaissance und der bedeutendsten Meister 
der jüngst vergangenen Zeit und Gegenwart verschaffen können. 
Kupferstiehe und Photographieen sind jetzt überall leicht zu er- 
reichende Hülfsmittel. 
Vor allen Dingen mufs man die Falten an dem Modell selbst 
gut ordnen, dort parallele Falten, Welche dem Auge unange- 
nehm sind, besonders aber Falten, welche die Form eines 
Gliedes unkenntlich machen und sich bis in das Fleisch zu ver- 
tiefen scheinen, vermeiden- Man darf sich nicht damit entschuldi- 
gen, dal's man es so gesehen habe, denn man soll eben das Bessere 
Wählen. Die Natur bewegt sich, sie stellt sich uns innerhalb 
weniger Augenblicke in verschiedensten Erscheinungen und For- 
men dar, so dafs uns kein Anblick derselben lange aufgenötigt 
wird. Das Gemälde dagegen bleibt immer dasselbe, mithin mufs 
der Geschmack bei allen dargestellten Gegenständen die Richt- 
schnur abgeben. 
Aus eben dem Grunde mufs man auch manche Verkürzungen 
vermeiden, die schlecht aussehen, so schön gezeichnet und gemalt 
sie auch sein mögen. Man kann sie richtig nachgeahmt haben, 
aber in der Natur löst sich die unangenehme Erscheinung leicht 
und bald auf, nur eine kleine Bewegung nach rechts oder links 
verändert den Anblickdavon, während man in einer Malerei ge- 
nötigt ist, eine unangenehme Erscheinung beständig und immer 
so und nicht anders als dargestellt ist, zu betrachten.
	        
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