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Zwölfter Abschnitt.
Die
Ubermalung.
Eigentümliehkeiten der dargestellten Persönlichkeit nicht auch zu
erkennen wären. Die Nachbildung soll dadurch nur auf das rich-
tige Mafs gestellt werden, zumal vorübergehenden und veränder-
lichen Fehlern und Mängeln gegenüber. Dasselbe was bisher
von der Form gesagt ist, gilt auch von der Farbe, so weit diese
nicht eben für die Eigentümlichkeit der darzustellendeli Person
charakteristisch ist. Es kann demnach z. B. die übermafsig gelbe
Färbung eines Halses gemildert werden, aber gelblich mufs sie
unter allen Umständen bleiben._ Der gute ltat geht im Grunde
nur dahin niemals nach der Seite des Fehlers, des Un-
schönen hin zu übertreiben.
Die
Anordnung
und
Stellung
der
A 1'111 e
und
Hände
in einem Portrait mufs leicht, geschmeidig, natürlich erscheinen
und alle nur mögliche Grazie entwickeln. Man inufs sich schon
früher, wie dies auch bereits bei Besprechung der notwendigen
Vorstudien S. 128 geschehen ist, eine gute Kenntnis der Formen
dieser Teile angeeignet, ebenso durch eingehende Studien für
Form und Farbe nach guten und schönen Modellen, die man
hat erlangen können, sich eine Vorstellung von der eigentlichen
und schönen Form (lieser- Partieen erworben haben. Dann wird
es nicht zu schwer werden, auch bei Mängeln in der Natur zu
unterscheiden, was notwendig und bleibend sein mufs, und was
veränderlich und der Milderung fahig ist. Kann man sich dazu
ein anderes Modell von ähnlicher Gestalt und Farbe, aber besseren
Formen verschaffen, so kann man dies sehr wohl zur Vollendung
gebrauchen und dadurch zugleich dem Portraitirten einige Sitzun-
gen ersparen. Aber hierbei ist sehr zu beachten, dal's alle
diese Teile, Hals, Brust, Arme,- Hände, urie verschiedeilartig ge-
färbt sie auch erscheinen, immer mit dem Kolorit des Kopfes
in Harmonie sind, ein gewisser Zusammenhang der Lokaltöne
immer vorhanden ist. Wollte man Brust, Arme etc. einer blonden,
zart gefärbten Natur an den Kopf einer Brünette malen, oder
umgekehrt, so würde die Unwahrheit und Unmöglichkeit einer
solchen Verbindung selbst dem ungeübtesten Auge einleuchtend
sein.