Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

der Form und Farbe. 
von Mängeln und Fehlern 
Nachbildung 
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Leberflecke u. dgl_ m. zu sehr hervortreten lafst. Er soll beach- 
ten, dal's alle diese Dinge in der scharfen Beleuchtung des Ateliers, 
die für die Formenwiedergabe so vorteilhaft ist, auch viel 
scharfer hervortreten, weit mehr bemerkbar sind, als sonst im 
Leben. Aufserdem sieht der Maler das alles so viel scharfer an, 
richtet so viel ausschließlicher seine Aufmerksamkeit darauf, als 
dies sonst geschieht, dal's der Anfänger immer die Neigung hat, 
diese Dinge zu übertreiben und, weil er ihnen eine gröfsere Be- 
deutung beilegt als sie haben, sie so scharf, hart und trocken 
nachzuahmen als möglich. 
Es ist (lurchaus nicht nötig und soll keineswegs angeraten 
werden, etwas fortzulassen, was die Natur doch hat und was bei 
ihr zu sehen ist. Das soll alles gemacht werden, aber nur wie es 
in der Entfernung von ein paar Schritten, wo man den Kopf mit 
einem Blick vollständig übersehen kann, erscheint. Bei der Aus- 
führung aber soll immer genau die Kraft der Modellierung und 
Schatten, die Stärke der dunklen Färbung solcher Stellen mit den 
übrigen Schattenmassen, Modellierungen und barbenvvirkungen ver- 
glichen werden, in denen sich der Charakter der Form ausspricht. 
So wenig jemandem in seinem Portrait geschmeichelt werden soll, 
so wird es doch nur gerecht und der Wahrheit- gemafs sein, die 
Ähnlichkeit nicht durch die Nachahmung der Mangel und Fehler, 
sondern der charakteristischen Formen herzustellen. Dein ange- 
henden Portraitmaler ist also ganz besonders anzuraten, was über 
diesen Punkt bereits früher gesagt ist, im Gedächtnis zu be- 
halten. 
Dieäelbe Miifsigung 
Schönheiten der Natur 
in der Nachbildung von Mängeln und 
ist dem Portraitlnaler erlaubt und zu 
pfehlen, wenn bei mageren Personen die beiden grofsen Halsmils- 
keln (Sternoeleidomastoideen) oder die Sohlüssolbeine beim Atmen 
sehr stark hervortreten, oder wenn eine übermafsige Fülle alle 
Form unerkennbar gemacht hat. Jeder Anfanger mag sich nur 
immer wiederholen, dafs er die Neigung hat solche Harten und 
Mängeln zu übertreiben. Auch Fehlern der Figur z. B. schiefen 
Schultern u. dgl. m. gegenüber mag er sich ebenso verhalten. 
Niemals aber soll und darf man sich bei diesem Bestreben von 
der Art der Natur so weit entfernen, dal's in dem Bilde alle diese 
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