Volltext: P. L. Bouviers Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde

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Zwölfter Abschnitt. 
Die 
Übermalung. 
und gemengt werden. Die Aufmerksamkeit, die aber darauf ge- 
wendet ist, dafs der Farbenton mit aller Treue die Form und 
Modellierung der Natur wiedergiebt, giebt auch der Malerei aufser 
der Rundung Ähnlichkeit, Ausdruck und Leben. In den Halb- 
tönen liegt eigentlich der besondere Reiz des Kolorits. Diese 
feinsten und leisesten Gegensätze in den Tönen gegen den Licht- 
ton und gegeneinander, die man in Bezug auf den Ton mit den 
Worten wärmer, kälter und in Bezug auf die Farbe mit grünlicher, 
violetter, blaulicher, u. s. w. bezeichnet, sind so gering und so fein, 
dal's derselbe Ton gegen andere Töne daneben immer anders ge- 
färbt erscheint. Daher wird es dem Anfänger immer sehr schwer 
werden, das richtige Mafs zu treffen in dem genügend hervor- 
tretenden Gegensatz der verschiedenen Farbentöne gegen den Licht- 
ton und tieferen Halbton und zugleich doch auch in der Ähnlich- 
keit und Zusammengehörigkeit mit diesen Tönen. Das heifst also 
z. B., dafs ein Halbton noch genügend grünlich gegen den helleren 
rötlichen Lichtton erscheint, andererseits doch auch wieder eins 
mit ihm, wenigstens gegen den tieferen wieder anders gefarbten 
Halb- oder Übergangston. Oder ein anderer Halbton noch erkenn- 
bar violett gegen einen gelblicheren Lichtton, aber doch wiederum 
so passend zu ihm, dal's er zu derselben beleuchteten Partie des 
Fleisches zu gehören scheint. Und dergleichen mehr. 
Grade für diese Art von Tönen und Farben ist das Material der 
Ölfarbe ganz besonders günstig durch den Reichtum der verschieden- 
sten Grade von Durchsichtigkeit, welche die Farben haben. Dieser 
Reichtum wird noch durch den verschiedenartigen Gebrauch, welcher 
hiervon gemacht werden kann, auf das aufserordentlichste vermehrt. 
Das Mafs des Durchscheinens und die Art, wie dies verwendet 
wird, bringt die allerverschiedensten und mit andern Mitteln un- 
nachahmlichsten Wirkungen hervor. Dieselbe Farbe dünn über 
eine hellere oder dunklere, über eine warme oder kalte gelegt, er- 
scheint ganz anders. Dieselbe Farbe über einer helleren darunter 
wird viel wärmer erscheinen, als ohne sie, -über einer dunkleren 
entschieden kälter und zwar je dünner aufgetragen um so mehr. 
Die erste Wirkung verstärkt sich, wenn der untere hellere Ton 
auch warm ist, vermindert sich wenn er kalt ist. Bei der zweiten 
Wirkung ist es umgekehrt.
	        
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