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Zwölfter Abschnitt.
Die Übermalung.
Schattenmassen und an welchen Stellen zu bewirken. Wie die
Farbenwirkung im ganzen und im einzelnen uinzustimmen sei,
um der Natur und dem Bilde, welches man von derselben ganz
oder halb unbewufst in sich tragt, immer naher zu kommen. Je
sorgfältiger und aufmerksamer man hierbei verfahrt, um so besser
ist man für die eigentliche Arbeit vorbereitet.
So wie für diese Vorbereitung zur Arbeit, so ist auch für
die eigentliche Arbeit zuerst und zuletzt jedem Künstler, zumal
aber dem Anfänger, dem das ja etwas neues sein dürfte, als
bestes, als einziges Mittel, um zu günstigen Resultaten zu gelan-
gen, anzuraten: Seine Aufmerksamkeit immer auf die Gesamtheit
dessen, was er malt, zu richten. Es ist das schon mehrmals
gesagt, es ist aber so wichtig, dafs es immer von neuem gesagt
werden mufs:
Unaufhörlich beobachte man die Natur, das Modell, nicht,
wie man einen Gegenstand in naturgeschichtlicher Beziehung
beobachtet, wenn man alle Einzelheiten desselben beschreiben
will, sondern tun alle Einzelheiten unter einander und mit dem
Ganzen zu vergleichen und zwar in Beziehung auf die Linien, die
Verhältnisse, die Form, die Lichtwirkung und die Farbe. Dies
ist das einzige Mittel, um eine Arbeit gut und in allen Teilen
harmonisch herzustellen. Um diesen Rat, diese Regel zur Aus-
führung zu bringen, wird man sich gewöhnen müssen, für die
Verhältnisse die Entfernung und Stellung aller Punkte unauf-
hörlich gegen einander zu halten; für die Linien, die Richtung
und Art derselben unter einander; für Form und Wirkung die
Vergleichung mit den beiden aufsersten Grenzpunkten des Lichtes
und der Dunkelheit, dem hellsten Licht und dem dunkelsten
Schatten, wie viel abgetönter als jenes, wie viel heller als dieses,
irgend eine Partie sich darstellen mufs. Jenes für alles Licht, dem-
nach auch für die Halbtöne und Übergangstöne, dieses für alle
Schatten und Reflexpartieen. Für die Farbe ist die Vergleichung
aller Lokaltöne, der Halbtöne mit diesen unter sich und so weiter
notwendig.
Einzeln und hinter einander ist hier aufgeführt, wie das Wort
es notwendig macht, was das Auge alles zu gleicher Zeit zu be-
obachten und zu verrichten hat. Dies ist aber auch nützlich für